Das Eisenerzbergwerk St. Georgen

Eine kleine Vorbemerkung in eigener Sache:
Dieses Bergwerk liegt mir sehr am Herzen. Ich bitte daher, mich auf eventuelle Unstimmigkeiten oder Fehler meiner Darstellung per Mail oder per Gästebuch aufmerksam zu machen. Zur Bildverwendung siehe hier; auf Anfrage versende ich sie gern in besserer Qualität.

Sollten eventuell Quellenangaben zu wünschen übrig lassen, bitte ich ebenfalls um Notiz. Die Quellenlage zu diesem Bergwerk ist nicht gerade berauschend; für Tips und Hinweise zu Archivalien wäre ich sehr dankbar. Auch würde ich sehr gern weitere Interviews mit Zeitzeugen führen. Sollten irgendwo in einer Privatsammlung alte Fotos auftauchen, würde ich mich über Hinweise sehr freuen.

Frühere südbadische Eisengewinnung

Die südbadische Eisengewinnung kann seit den Römern, von denen Eisenschmelzplätze bekannt sind, und wahrscheinlich seit keltischer Zeit, auf eine Tradition vieler Jahrhunderte zurückblicken. Diese Tradition endete, als um ca. 1870 die lokale Produktion wegen der stark angestiegenen Konkurrenz der Hüttenwerke an Rhein und Ruhr eingestellt wurde. Als Rohstoffe dienten, wenn man von den hier weniger interessierenden Eisenerzgängen des Schwarzwaldes absieht, hauptsächlich Bohnerze (z.B. im Markgräflerland) und die Doggererze des Murchisonae im Rheintal.

Vorgeschichte am Schönberg

Bereits im Jahre 1897 wurden relativ erschöpfende geologische Untersuchungen angestellt; spätestens seit damals dürfte das Vorkommen eisenhaltiger Schichten am Schönberg bekannt sein [Steinmann und Graef 1897]. In der weiteren zeitlichen Folge hat dann die geologische Landesanstalt im Jahre 1920 auf Eisenerz gemutet. Für diese Fundstelle im "Gewann Leisacker, 1250m südlich der damaligen Ziegelhütte am Rande von Uffhausen" wurde schon vor der "Fundbesichtigung" der Name "Albrecht" gewählt. Leider wurde der Eisengehalt für zu niedrig befunden, um "im Sinne des Berggesetzes als Eisenerz" bezeichnet zu werden. Die Mutung wurde daher vom zuständigen Bergmeister gelöscht.

Zeitlicher Verlauf

Anfang der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts wurden im Rahmen der Autarkiebestrebungen des Dritten Reichs viele mögliche Abbaugelegenheiten prognostiziert und kartiert, um zur Sicherung der Kriegsvorbereitungen vermehrt heimische Rohstoffe aufzuschließen und zu verarbeiten. Dies erschien den damaligen Machthabern umso dringender, als bekanntlich nach dem ersten Weltkrieg unter anderem die bis dahin verfügbaren lothringischen Eisenerze wegfielen.

Die Vereinigten Stahlwerke

Optionsschein der Vereinigten Stahlwerke, 1926. Bild: <link http://www.kron.de>Karlheinz Kron</link>, Eichenried

Ab hier kommen dann die "Vereinigten Stahlwerke", Dortmund, sowie die im Juli 1937 gegründeten "Reichswerke Hermann Göring" (vollständige Bezeichnung: "Reichswerke AG für Erzbergbau und Eisenhütten 'Hermann Göring'") in's Spiel. Die "Vereinigten Stahlwerke" mußten zur Gründungsvorbereitung der Reichswerke H.G. - neben der Vereinigte Stahlwerke AG und den IG Farben einer der größten Konzerne des dritten Reiches - einen Teil ihrer Abbaufelder in Mitteldeutschland abgeben, und erhielten dafür Optionen auf einige Felder im Rheintal (nur in Südbaden?).

So erhielten die "Vereinigten Stahlwerke" mit der vom Bergamt Karlsruhe im Januar 1937 erteilten Schürfgenehmigung die Möglichkeit, am Schönberg ausgedehnte Untersuchungen anzustellen. Als 'staatsvorbehaltenes' Mineral durfte Eisenerz in Baden nur vom Staat ausgebeutet werden, es bestand jedoch die Möglichkeit, Konzessionen an Dritte wie zB die "Vereinigten Stahlwerke" zu vergeben (zit. [1]: Novelle vom 2.7.1924 (GVBl. S. 177), Badisches Berggesetz).

Prospektion und Aufschlußbohrungen

Drei Profile bollschweiler Bohrungen[<link #151>4</link>]

Der Umfang und die Anzahl der im Auftrag der Vereinigten Stahlwerke ausgeführten Bohrungen ist erstaunlich; obwohl mir die genaue Anzahl (noch) nicht bekannt ist, wurden einiges mehr als hundert Bohrungen mit teilweise erstaunlicher Bohrtiefe ausgeführt. Leider wurden bei der Bombardierung des Archives der Bergverwaltung Süddeutschland der Vereinigten Stahlwerke in der Bertoldstraße 60 (vorher: Silberbachstraße 19) 1944 auch hier viele Unterlagen vernichtet.

Derzeit vermute ich recht unbegründet, daß die Bohrausrüstung möglicherweise ebenfalls von der Firma Haniel&Lueg produziert wurde; entsprechende Nachforschungen laufen gerade, ein Ergebnis wird aber wohl noch einige Zeit auf sich warten lassen.

Konzessionen

Übersichtsplan der Konzessionen der auflässigen Eisenerzgruben Schönberg

Die "Vereingten Stahlwerke" schienen also mit den gewonnenen Ergebnissen bezüglich der Wirtschaftlichkeit des Abbaus im damaligen Umfeld der Autarkiebestrebungen insoweit zufrieden gewesen zu sein und erhielten daher nur ca. ein halbes Jahr später auf ihren Antrag hin die etwas weiter unten aufgelisteten Konzessionen([1]).

Über die Ausdehnung und Lage der ausgewiesenen Grubenfelder des Schön- und Steinbergs (westliche und östliche Konzession Schönberg, Konzession Bollschweil) zwischen Freiburg/St. Georgen, Ebringen und Bollschweil gibt der Planausschnitt links Auskunft (Übersichtsplan der Konzessionen der auflässigen Eisenerzgruben Schönberg (Ebringen, St.Georgen) sowie Steinberg (Bollschweil), zusammengestellt von Helmut Novak nach Unterlagen der Rohstoffbetriebe der Vereinigten Stahlwerke 1940, [2]):

  • Konzession Schönberg Ost zum 20. bzw. 25.8.1937 mit einer Fläche von 3.182. 901qm für 30 Jahre ab dem 1.7.1939
  • Konzession Schönberg West als Nachtrag vom 22.10.1938 bzw. 10.1.1939 mit 3.760.275qm,
  • Konzession Bollschweil zum 25. bzw. 27.7.1940 mit 10.372.000qm

Betriebseröffnung

Heutiger Zustand in den Bifängen: Jede Menge Löcher und Halden. Verbrochene Mundlöcher schwer auffindbar

Danach konnte es also noch im Jahre 1937 mit dem Bergbaubetrieb losgehen; wie oben erwähnt aufgeteilt in drei Felder. Der Anriß des Nordfeldes wurde mit dem Vortreiben von fünf Stollen im Abstand von ca. 100m vom östlichen Rand des Schönbergs zwischen Merzhausen und St.Georgen (ungef. Gewann Zwiegeracker oberhalb der Bifänge) begonnen, die anschließend durch Erstellung schwebender Strecken für den Abbau vorbereitet wurden. Das gewonnene Erz wurde anfänglich (vor Bau des sog. Eisenbahnstollens) hauptsächlich durch einen Stollen am St.Georgener Steinbruch (Schützenverein) ans Tageslicht gebracht. Zur endgültigen Förderung wurde ebenfalls noch im Jahre 1937 der Eisenbahnstollen (beim Albertus-Magnus-Haus, Nähe Bahnhof St.Georgen) angelegt, dessen Vortrieb nach Abteufung eines 37m tiefen Schachtes am Steinbruch doppelörtig erfolgen konnte[1].

Man ist in Eile: Provisorische Betriebsgebäude

Heutige Ansicht des Kalksteinbruchs St.Georgen. Derzeit vom Schützenverein St.Georgen genutzt.

Ungefähr um dieselbe Zeit wurden in allen drei Feldern (Nord- und Südfeld, Steinberg/Bollschweil) gleichfalls provisorische Baracken zur Abwicklung des Betriebes gebaut, die als Kauen, Kompressorengebäude, Werkstätten, Büros usw. usf. genutzt wurden. Leider sind mir keine Fotos dieser Anlagen bekannt; auch konnte ich bisher keine Reste dieser Anlagen auffinden, was mich angesichts recht vergänglicher Bausubstanz und anschließender Überbauung nicht weiter wundert. Ich konnte jedoch mit einigen damals ansässigen Leuten reden, die mir allerdings nicht besonders genaue Beschreibungen zumindest der Anlagen unterhalb des Steinbruches bzw. der Gebäude des Schützenvereines in St.Georgen liefern konnten.

Bergmannssiedlungen

Eine Häuserzeile in der Bergmannssiedlung St.Georgen

Ebenfalls 1937 wurden mehrere provisorische Baracken zur Wohnung der Bergleute erbaut, die ab 1938 durch 'richtige' Häuser ersetzt wurden: Diese waren aber erst 1941 komplett fertiggestellt. Diese Bergmannssiedlungen sind in ihrer Struktur teilweise bis heute erhalten (und genutzt). Beispiele dafür sind in St.Georgen im Bergmanns-, Hauger-, Lais-, Imbery- und Mettweg zu finden, für die, die sich weniger die Hände schmutzig machen mußten - Angestellte der Verwaltung - gab es etwas schickere Häuser in der Häge sowie in der Blumenstraße. Ich bin mir nicht ganz sicher, welche der Häuser in der Häge/der Blumenstraße das sind; ich bin zwar dabei, den Grundbucheinträgen nachzuforschen, aber bis dahin kommen mir die Häuser alle entweder zu alt oder zu neu vor. Was Ebringen angeht, sind die 'Bergmannshäuser' in der Hofgarten- und Friedhofstraße zu finden; die damaligen Baracken für ledige Bergleute im Tiroler Weg sind meines Wissens längst verschwunden. In Bollschweil/Steinberg/Kuckucksbad wurden meines Wissens keine speziellen Häuser bzw. Siedlungen für die dortigen Bergleute erbaut.

Zwangsarbeiter

Als kleine Seitenanekdote ist vielleicht amüsant, daß die im Bergwerk eingesetzten Zwangsarbeiter (neben russischen auch vorher nach Frankreich emigrierte polnische Bergleute als französische Kriegsgefangene) aus passenden Berufen sich hervorragend mit den zum großen Teil aus den schlesischen Revieren stammenden deuschen Bergleuten auf Polnisch unterhalten konnten. Vielen Dank für diesen Hinweis an Herrn Bernd Spitzmüller vom Stadtarchiv Freiburg! (Buchtip am Rande: "…aber das Leben war unvorstellbar schwer", Bernd Spitzmüller, ISBN 3-923272-30-8).

Der Mösleschacht

Heutiger Zustand der Fundamente am ehemaligen Mösleschacht

Mitte August 1938 wurde dann der im Endeffekt ca. 133m tiefe Mösleschacht zur Förderung abgeteuft; nach Angaben in [1] durch die Firma Haniel&Lueg. Ich vermute derzeit, daß der Mösleschacht lediglich zur Förderung von Abraum eingesetzt wurde, kann dies aber noch nicht belegen: Ich frage mich lediglich, wohin und womit dann eventuell dort zu Tage gebrachte Erze dann verbracht werden sollten? Außer einer nicht besonders großen Straße bzw. Weg konnte ich auf Plänen bisher keine Verkehrswege an dieser Stelle finden, und ein LKW-Verkehr dorthin wäre, nun ja, nicht gerade ökonomisch gewesen. Für Informationen hierzu wäre ich sehr dankbar!

Verladeanlagen in St.Georgen

Erzsilos der Verladeeinrichtung St.Georgen. Entnommen aus [<link #148>3</link>].

Ab 1939 (wird noch genauer spezifiziert) wurden dann die endgültigen Verladeanlagen gegenüber des St.Georgener Bahnhofes erbaut.
Die Stadt Freiburg verhielt sich dem Eisenerzbergbau und dem Bergbau insgesamt gegenüber eher abweisend; dies hatte natürlich einerseits mit der Furcht zu tun, daß das Bergwerk bzw. seine Außenanlagen ein lohnendes Ziel zur Bombardierung abgeben könnte, andererseits aber auch damit, daß die bis dahin zur Erzabfuhr eingesetzten LKWs von Uffhausen zum Güterbahnhof die Straßen überlasteten und für Lärm, Dreck und Gestank sorgten - wenigstens dieses Problem wurde also mit den Eisenbahnverladeanlagen beseitigt. Weiterhin wurde die Meinung vertreten, daß der Bergbau generell nicht zur Struktur Freiburgs ("Pensionärsstadt") passe.
Heute ist außer einem kleineren, überwachsenen Trümmerfeld nicht mehr viel davon zu sehen, außer daß mir der derzeit von einem Steinmetz genutzte Schuppen gegenüber des St.Georgener Bahnhofes verdächtig nach einer Rangierlokremise aussieht.

Eine BR52 zwischen Leutersberg und St. Georgen - örtlich fast zum damaligen Anschlußgleis passend

Kürzlich teilte mir ein Zeitzeugen etwas mit, was wohl unter anderem das Dreckproblem gut illustrieren dürfte:
"Es war eine schmutzige Sache, die ganze Schneeburgstraße war rot. Die LKW fuhren durch die Schneeburgstraße, dann weiter über die alte Andreas-Hofer-Straße, heute eine Sackgasse. Der Straßenverlauf verlief damals von 'Renates Eckladen' über die Peter-und-Paul-Kirche zum heutigen Jugendzentrum. Dort zweigte die Straße in die alte B3 ein. Die LKWs waren 3,6-Tonner, Fords in grün und Opel Blitze in grau. 1937 ereignete sich auf dem Bahnübergang Schneeburgstraße ein Unfall. Ein LKW blieb stehen und wurde vom Zug erfasst. Der Fahrer konnte abspringen, der LKW war Schrott."

Gut gepflegte V36 (V36-127) der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte DGEG.<br>Foto: <link http://www.bernd-kittendorf.de>Bernd Kittendorf</link>

"Die LKWs kamen teils von privaten Unternehmern, es waren allesamt Kipper. Verladen wurde, soweit mir bekannt, am Südbahnhof. Zum Erztransport mit der Bahn wurden Ganzzüge mit zweiachsigen O-Wagen zusammengestellt, deshalb die langen Ausziehgleise. War der Zug fertig, kam eine 50er oder 52er Lok, und ab in Richtung Norden. Im Lokschuppen am Bahnhof St. Georgen stand eine dreiachsige Diesellok V36 für den Verschub. Die Anlage war zweigleisig bis vor die zweite Unterführung für Fußgänger. Eine Prellbockwange liegt noch im Dickicht da oben. Die Brücke am Bahnhof St. Georgen war viergleisig, sie wurde 1983 rückgebaut und mit der heutigen Treppe versehen.[6]"

Hierzu wären vermutlich einige Anmerkungen angebracht: Da die BR52 erst ab 1942 in Serie ging, handelt es sich hier vermutlich um BR44 und BR50; vielleicht auch um im Besitze der Badischen Staatsbahn befindliche preußische G12 oder ähnlichem. Dazu kam wahrscheinlich noch eine Vielfalt ehemaliger Länderloks. Ich bemühe mich derzeit um Archivunterlagen, die Licht in diese Sache bringen könnten. Weiterhin wäre anzumerken, daß das Vorhandensein einer V36 (bzw. WR360C14) von einigen Bahnkennern mit einigem Recht bezweifelt wurde, da diese Loks ausschließlich in der Betriebshoheit der Wehrmacht standen. Dennoch kann ein (zumindest zeitweiliger) Verleih an kriegswichtige Industrie nicht ausgeschlossen werden; wie ich hörte, sei das Baumuster auch nahezu identisch von einigen größeren Betrieben gebaut worden, was ich bisher jedoch nicht überprüfen konnte.

Was 'reine' V36 angeht, dürfte leider auch in Zukunft wenig zu finden sein: "[...] sowohl die Druckvorschriften (Bestandsgruppe RHD), die sich v.a. auch mit militärischem Gerät und Transportmitteln befassen, als auch bei Chef Transportwesen (RH 4), dem Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt (RW 19) und dem Heereswaffenamt mit nachgeordneten Dienststellen (RH 8) [...] anhand der Findmittel keine Nachweise zu Dieselloks (V20 und V36) in Freiburg-St. Georgen [...] begründet in den Überlieferungslücken durch Kriegseinwirkungen." (Militärarchiv Freiburg; leider allgemein ein sehr oft gesungenes Lied betreffend Unterlagen dieser Zeit. Dank an dieser Stelle den kompetenten Mitarbeitern des Militärarchivs.).

Erzabfuhrprobleme auch im Südfeld

Heutiger Zustand: Gut im Wald versteckter Fundamentrest eines Pfeilers der Verbindungsseilbahn

Bereits etwas vorher, im Oktober 1938, wurde die Förderung des Südfeldes kurz unterbrochen, da die Abfuhr der Erze nicht gewährleistet war und sich diese Sorte Erz auf Halde gelegt aufgrund toniger Bestandteile eher schlunzig verhält. Die unterirdische Erz-Hauptförderungsstrecke, eine 940m lange, vom Ebringer Erzsilo bis zum Gewann Langhard bei Wittnau reichende Bandstrecke, wurde bereits vorher errichtet, trug aber zur oberirdischen Abfuhr logischerweise nichts bei und zählt in diesem Sinne nicht zur Abfuhrinfrastruktur. Diese Probleme wurden dann mit der Errichtung einer Seilbahn vom Erzsilo zur St.Georgener Verladestation gelöst, die aber erst im Oktober 1940 betriebsbereit wurde. Diese Seilbahn wird (später) noch gesondert beschrieben.

"Hochzeit" des Bergwerkes...

Das Jahr 1940 könnte man dann als die 'Hochzeit' des Bergwerkes bezeichnen: Obwohl das Maximum der Belegschaft mit 915 Arbeitern bereits (Ende?) 1939 erreicht wurde, wurde 1940 mit 482.946 Tonnen die größte Erzabbautonnage erreicht. Leider weiß ich bisher noch nicht, in welchem Maße die Schrumpfung der Belegschaft 1940 auf 775 Arbeiter lediglich mit der Einstellung des Abbaus im Teil Steinberg zusammenhängt, oder ob auch im Nord- und Südfeld eine Reduzierung erfolgte.

...und baldiger Niedergang.

Schachtanlage der Grube Sainte Fontaine, Lothringen. Photograph: <link http://www.hfinster.de>Harald Finster</link>, Aachen.

Wie wohl allgemein bekannt, überrannte die deutsche Wehrmacht im Jahr 1940 unter anderem Lothringen, womit die dortigen Eisenerz- und Kohlegruben für die Industrie des Dritten Reiches verfügbar wurden. Die ab 1941 abgeschleppte jährliche Erzmenge von bis zu ca. sieben Millionen Tonnen führte dazu, daß sich die angespannte Rohstoffsituation des Dritten Reiches etwas entspannte und daher Bergwerke geringerer Rentabilität sukzessive zurückgefahren beziehungsweise eingestellt wurden.
Ich meine allerdings, daß ein ebenso wesentlicher Grund in der vermehrten Einführung des Anfang der 30er Jahre an der Bergakademie Clausthal entwickelten Paschke-Peetz-Verfahren[5] zur Alleinverhüttung kieselsäurehaltiger Erze bestand. Der erste Hochofen nach diesem Verfahren wurde 1939 in Salzgitter in den Herrmann-Göring-Werken erbaut, und ich nehme an, daß dieses Verfahren anschließend weitere Verbreitung fand, was den Wert der zwar etwas eisenarmen, aber teilweise recht kalkhaltigen Erze des Schönberges als Zuschlagerze für die Verhüttung allgemein und wohl speziell für die recht kieselsäurehaltigen Erze des salzgitterer Erzreviers weiter vermindert haben dürfte.

Das erste Anzeichen der baldigen Stillegung kam dann mit der zum 10.4.1941 erfolgten Verfügung des Reichswirtschaftsministeriums, in der festgelegt wurde, daß nur noch Gruben hoher Leistung, knapper Erzarten oder aufgrund ihres Erzes sparsamem Koksverbrauches in Betrieb bleiben sollten. Da keine dieser Bedingungen auf das Bergwerk Schönberg zutraf, wurde also vorgesehen, die Produktion der Grube alsbald zurückzufahren. Das endgültige Aus kam dann mit der auf Betreiben des Reichsministers für Bewaffnung und Munition Albert Speer erfolgten Verfügung des Reichswirtschaftsministeriums zur Stillegung (ua. [1]).

Im Gegensatz zu manchen Publikationen noch existierendes Trafohäuschen der Betriebsgebäude Ebringen

Der klägliche Rest der Geschichte dieses Eisenerzbergwerkes ist schnell erzählt. Die Bergleute wanderten zu anderen Gruben ab; weniger als 20 Belegschaftsmitglieder waren mit Sicherungsarbeiten beschäftigt, bis auch diese 1957 endgültig eingestellt wurden - immerhin wurden bis dahin einige Stollen zur eventuellen Wiederinbetriebnahme gewartet. Träger und sonstige Strukturen der Seilbahn wurden, außer den Fundamenten, 1967 abgebaut. Die Stolleneingänge verbrachen entweder von selbst oder wurden teilweise zugekippt. Der Mösleschacht wurde verfüllt; der Schacht am St.Georgener Steinbruch wenigstens mit einer Betonplatte gesiegelt und mit ca. 8m aus Freiburg stammendem Trümmerschutt überdeckt. Das Anschlußgleis am St.Georgener Bahnhof wurde 1968 entfernt und die Weiche ausgebaut. Die in Ebringen gelegenen oberirdischen Teile der Betriebsgebäude und die Bandbrücke wurden bis auf Silo und Transformatorenhäuschen entfernt und der Rest dem Verfall preisgegeben. 1980 wurden dann die Silos und Gebäude der Verladestation gesprengt. Wann genau die Betriebsgebäude in Steinberg/Bollschweil abgerissen wurden, weiß ich noch nicht genau; jedenfalls wurden 2000 im Rahmen einer Flurbereinigung die letzten Reste inkl. Mundloch plattgewalzt, was mich (wie ich gestehen muß) ohne Ende ärgert.

Ein Naturschutzgebiet?

1957 kam man auf die Idee, ein Naturschutzgebiet zu errichten, das sich aber dummerweise mit der Grube Schönberg überschnitten hätte: Für die Grube Schönberg bestehen laut des Konzessionsvertrages vom 20./25.8.1937 für 90 Jahre Baurechte (dh. bis 2027), und laut Ermächtigung des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg von 19.12.1953 weiterhin Ausbeuteermächtigung. Deshalb wurde von Seiten der Barbara AG Einspruch erhoben, da die Bergbaurechte älter und ein Naturschutzgebiet im Bergbaufeld unmöglich seien. Der Barbara AG wurde bereit im Januar 1957 zugesichert, daß kein Naturschutzgebiet errichtet würde. Die Barbara AG kommentiert: "Unter Bezug auf diese Zusicherung hat unser Einspruch von 26.7.57 den Wert des Hinweises, daß durch den zu gegebener Zeit wieder aufgenommenen Bergbaubetrieb Veränderungen auf der Tagesoberfläche mit Bestimmtheit zu erwarten sind und daß mit diesem Hinweis nun Genüge getan ist". Daraus schließe ich, daß die Barbara AG im Jahre 1957 noch die Absicht hatte, den Bergbau eines Tages wieder aufzunehmen. Die Idee eines Naturschutzgebietes wurde, wie ich annehme, daher auch nicht allzuweit bekannt; die erste mir diesbezüglich bekannte Pressemeldung am 27.7.1957 datiert einen Tag nach dem Einspruch der Barbara AG.

 

 

Datum der letzten Änderung: 22.4.2012

Das Nord- und Südfeld sowie die Seilbahn werden sehr bald eigene Unterseiten erhalten, in denen 'feldspezifische' Dinge ausgeführt werden; die Unterseite Seilbahn bietet möglichweise schon Interessantes. Weiterhin ist eine Unterseite mit Bohrungs-, Erzanalysen- und statistischen Daten in Vorbereitung; außerdem fangen die damaligen Firmengeflechte an, mich zu interessieren, also kommt sicher noch etwas zur Kapitalverflechtung. Und die Danksagungen sollen auch nicht vergessen werden.

Glückauf!

 

Quellen- und Literaturhinweise:

[1]: Albiez, Gustav: Eisenerzbergbau am Schönberg bei Freiburg/Breisgau, Badische Heimat, Freiburg, 2/1978.

[2]: Geologisches Jahrbuch Reihe D Heft 10: Sedimentäre Eisenerze in Süddeutschland; Manfred Frank, Paul Groschopf, Helmut Gudden, Peter Halbach, Wulf Hegenberger, Kurt Sauer, Peter Simon, Helmut Wild, Joseph Ziegler, unter Mitarbeit von Helmut Novak, Hannover 1975.

[3]: Dennert, Volker: Vom Dorf zum Stadtteil: St.Georgens Eingemeindung in die Stadt Freiburg, hier lediglich der Anhang wesentlich. Meier-Druck, St.Georgen, 1988.

[4]: Zühlke, Martin: Geologische Kartierung am Schönberg. Freiburg/Breisgau, 1952.

[5]: Etwa: Riedel, M.: Die Entwicklung des sauren Schmelzverfahrens durch Paschke und Peetz. Technikgeschichte, 36, 1969.

[6]: Freundlicher Bericht des Zeitzeugen Herrn Hans Schlatterer, Freiburg-St. Georgen; damals (1937) neun Jahre alt.

Denkmalgeschütztes Portal des Eisenbahnstollens (Gemälde: Adolf Riedlin)
Altes Portal beim verfüllten Mösleschacht
Bergwerk Schönberg Freiburg St. Georgen Portal Mösleschacht
Portal des Mösleschachts: Schlechte Betonqualität vulgo 'Nazibeton' mit Kiesnest
Bergwerk Schönberg Freiburg St. Georgen Portal Mösleschacht Schlechte Betonqualität Nazibeton Kiesnest
Halden und Rutschungen unterhalb des Mösleschachts
Eisenbahnstollen: Alter Schaltkasten am Eingang
Decke des Eisenbahnstollens St. Georgen
Eisenbahnstollen: Gerinne mit Rohr
Eisenbahnstollen: Wand mit Sinter und elektrischer Leitung
Eisenbahnstollen: Wanddetail mit Sinter und elektrischer Leitung
Eisenbahnstollen: Sinterwand, eisenoxidgefärbte Jungstalaktiten und Spange
Eisenbahnstollen: Sinterwand und alte hölzerne Spange
Eisenbahnstollen: Sinterüberzogene alte Holzspange
Eisenbahnstollen: Zarte Sinterstufen mit Hand zum Größenvergleich
Eisenbahnstollen: Zarte Sinterstufen mit Wand
Eisenbahnstollen: Wasserfassung mit modernem Stutzen und Überlauf
Eisenbahnstollen: Blick zum Ausgang (bearbeitet)
Versturz am derzeitigen Ende des Eisenbahnstollens St. Georgen bei ca. 170m
Erzsilo bei Ebringen: Gut versteckt im Wald...
Erzsilo bei Ebringen: ...allerdings von weitem zu sehen (wenn man weiß, wo)
Erzsilos bei Ebringen: Startpunkt der Seilbahnlinie
Erzsilo bei Ebringen: Innenansicht mit gemauerter Innenwand
Erzsilo bei Ebringen: Halterungen der Seilbahnbeladung
Ebringen: Altes Stollenmundloch
Stollenmundloch Schönberg Ebringen
Ebringen: Alter Stollen
Ebringen: Versorgungsrohr eines Stollens
Ebringen: Malerischer Torpfeiler bei ehemaligen Verwaltungs- und Betriebsgebäuden
Ebringen: Rest der Verwaltungs- und Betriebsgebäude des Südfeldes
Seilbahn Ebringen- St.Georgen: Stütze mit Widerlager
Seilbahn Ebringen- St.Georgen: Detail des Stahlaufbaus einer Trägerplatte mit Feuerzeug zum Größenvergleich
Seilbahn Ebringen- St.Georgen: Detail des Stahlaufbaus einer Trägerplatte
Seilbahn Ebringen- St.Georgen: Detail eines Pfeilers einer Standard- Vierpunktstütze