Die nun wirklich etwas kurze Bergbauzeit in Bollschweil

Die Geschichte der zumindest auf dieses Bergwerk bezogen nun doch ziemlich kurzen Bergbauzeit in Bollschweil/Kuckucksbad dürfte vorerst relativ schnell erzählt sein. Wie der nebenstehende Planausschnitt dieses Bergwerks schon andeuten dürfte, stellt es sowohl nach Fläche, Ausbeute, Abbaudauer und Betriebszeit das kleinste der drei Felder dar.
Der Planausschnitt [Quelle: Bergarchiv Freiburg] datiert (wenn ich mich nicht irre) von 1939; dem Jahr, in dem nach einer nur zweijährigen Betriebszeit (1938 und 1939) der Abbau auch schon wieder eingestellt wurde. Mir scheint leider, daß 1944 ganz besonders viele diesbezügliche Akten verbrannten.

Der aktuelle Zustand dieses Teilwerkes ist ebenfalls relativ schnell geschildert:
Es sind so gut wie keine oberirdischen Teile mehr anzutreffen; jedenfalls konnte ich trotz eifriger Suche keine mehr finden.
Nicht, daß die Suche verlorene Zeit gewesen wäre: Die Gegend dort ist sehr schön, und wenn man dabei die Gelegenheit findet, sich in irgendeiner Straußenwirtschaft anständig mit hiesigem Wein abzufüllen, dann haben alle was davon. Allerdings mag der hiesige Wein auch schon das Problem sein, denn (wie man auf nebenstehendem Bild erkennt), ist die komplette rechte Seite des Berges (Blick nach Norden) 2000 flurbereinigt worden.

Tja, wenn man sich die Bilder der oberhalb im Wald gelegenen alten Rebterrassen in ihrer Schmäle und Steilheit anschaut, kann man den Winzern ob ihrer schweren Arbeitslast kaum böse sein.

Das Mundloch des Stollens I lag ungefähr hinter den Häusern in der Nähe eines großen Nußbaums, knapp oberhalb im sichtbaren Rebengürtel. Im darunterliegenden Feld sind noch reichlich typische Betonbrocken geringen Zementgehalts zu finden, die wahrscheinlich direkt vom Mundloch und dessen Infrastruktur stammen. Die von den anderen Feldern abweichende Bodenfarbe dürfte eher daher rühren, daß wohl zur Bodenverbesserung reichlich Sand angefahren wurde - man beachte die gut sichtbaren Haufen am oberen Feldrand.

Es war mir bisher nicht möglich, Fotos des Zustandes vor der Flurbereinigung aufzufinden - kommt noch. Ortsansässige teilten mir mit, daß das Mundloch bereits einige Zeit vorher in zumindest teilverbrochenem Zustand gewesen sei. Meines Wissens mußten die Flurbereinigungsarbeiten aufgrund der dahinterliegenden Hohlräume und Verbruchgefahr an dieser Stelle privat ausgeführt werden. Ich hätte mir allerdings gewünscht, daß damit auch vorher etwas sorgsamer umgegangen worden wäre: Das Mundloch wurde bei minimalem Flächenverbrauch weder erhalten noch wenigstens gesiegelt, sondern sozusagen einfach plattplaniert. Sicher teilt nicht jeder meine Vorlieben in puncto Bergwerke, aber ein bedachterer Umgang mit der eigenen Geschichte hätte nur unwesentlich mehr gekostet (wenn überhaupt) und so einige Möglichkeiten offengehalten - allerdings gebe ich gern zu, daß in diesem Fall verständliche wirtschaftliche Interessen dem entgegenstanden.

Von den angeschlossenen Werksgebäuden, auf dem Planausschnitt mit Waschkaue, Büro, Trafo (=Transformatorenhäuschen) und Kompressor (=Kompressorenhäuschen) gekennzeichnet, sind ebenfalls keine Spuren geblieben; jedenfalls meinem Wissenstand nach nicht. Ein baulicher Zusammenhang eines ziemlich an dieser Stelle stehenden Hofgebäudes konnte von mir bisher nicht bestätigt werden; irgendwie würde das auch nicht so recht passen. Ein weiteres Mundloch (siehe Planausschnitt) dürfte sich in direkter Nähe dieses Gebäudes befunden haben. Leider konnte ich bisher niemanden finden, der/die zwischen 1938 und 1939 am Ort wohnte und mir Augenzeugenauskunft geben könnte.

Auf der anderen Seite des Berges sieht es dagegen möglicherweise besser aus: Der alte Steinbruch der Firma Knauf (ehem. Koch) hat sich tief in den Berg gefressen und, obwohl er die Scheitellinie des Berges nie erreichte (und damit keine oberirdischen Anlagen fraß), hege ich die Hoffnung, daß eventuell verlängerte, nicht auf dem vorliegenden Plan enthaltene (Mutungs-)Stollen des Bergwerkes angeschnitten wurden.

Jedenfalls haben zwei ältere Beschäftigte der Fa. Knauf ähnliches angedeutet, und obwohl man solche Aussagen immer mit einem kleinen Felsbrocken Salz genießen sollte, werde ich mich in nächster Zeit um eine Betriebsführung bemühen und hoffe, daß mir die Fa. Knauf eine solche gewähren wird. Einem weiteren Bericht zufolge soll sich nahe des Hangscheitels eine durch Sprengungen im 'alten' Steinbruch ausgelöste kleine Stollen- bzw. Hohlraumpinge befinden, was Fahl zumindest anekdotal bestätigt. Diese Pinge konnte ich bisher nicht auffinden - für Information dazu wäre ich wie üblich sehr dankbar.

Daher muß garnix heißen, daß auch auf dieser Teleaufnahme keine Anschnitte zu erkennen sind - das interessante Areal ist bei der Neigung der Erzschicht entweder mit Bäumen oder Gebäuden verdeckt.

(Da einerseits das vorliegende Archivmaterial noch nicht komplett aufsortiert ist und andererseits die Gegend voll überaus interessanter Höhlen steckt, schiebe ich ein paar Kluftbilder dieser Gegend ein. In diese Klüfte kann man hervorragend mehr oder weniger harmlose Leute hineinscheuchen. Allezeit Helm auf die Birne! Kleine Dinge sind nicht unbedingt ungefährlicher als große!).

Fassen wir also kurz noch die wichtigsten Daten und Meilensteine dieser Grube zusammen:
Die Grube Steinberg wurde, wie viele andere auch, im Zuge der Autarkiebestrebungen des Dritten Reiches Anfang der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts unter Verwendung von teilweise bereits früher bekannten geologischen Daten (Stichwort: Doggererz bzw. Murchinsonae) prospektiert und ab 1936 gemutet. Sie war im Wesentlichen nur im Laufe zweier Kalenderjahre, 1938 und 1939, in vollem Betrieb. Sie folgt in Verwaltung und Firmenstruktur natürlich dem bereits in Bezug auf das Nord- und Südfeld gesagten. Über die Verflechtung der diversen Firmen (speziell der Doggererz AG sowie der Barbara Erzbergbau AG) kommt bald eine eigene Unterseite.

Wie die beiden anderen Felder war auch dieses im Prinzip stets weit von jeder Rentabilität entfernt. Dennoch erfolgte im Jahr 1938 ein Förderung von 28.144t und 1939 immerhin 40.252t, was zusammen eine Gesamtförderung über alles von 69.396t ergibt[1].

Das gewonnene Erz wurde per Lastwagen nach Bad Krozingen verbracht, was sicherlich beim allgemeinen Treibstoff- und Personalmangel des Jahres 1939 sowie den allgemein hohen Kosten des LKW-Verkehrs in Bezug auf Verbrauch, Wartung und Straßenschäden einen gewichtigen Grund zur Einstellung bedeutete.
Im Gegensatz zu St. Georgen und Ebringen wurde hier keine Bergmannssiedlung errichtet - jedenfalls weiß ich von keiner. Bei der Grubeneinstellung wanderten die Bergleute zu den anderen beiden Betriebsstätten der Grube "Schönberg" ab.

Eine Neuigkeit:

Eine kleine, weitere Entwicklung hat sich jedoch ergeben: Aufgrund eines Hinweises (herzlichen Dank an Herrn Jonas Mikuletz!) konnte ich einen noch betretbaren Stollen auffinden, der meiner Ansicht nach sehr wahrscheinlich zu den Bergwerksanlagen des Eisenerzbergwerkes gehörte. Leider konnte ich das noch nicht exakt belegen, da der Stollen nicht auf den mir vorliegenden Bergwerksplänen aufscheint. Daher sind meine Aussagen betreffs des hier beschriebenen Stollens bzw. der Rampe/Halde zumindest derzeit lediglich als Hypothese zu betrachten! Auch hier ist es zu bedauern, daß bei der Bombardierung des freiburger Archives der Vereinigten Stahlwerke 1944 einfach sehr viele Unterlagen verbrannten.

Man erlaube mir hier einen kleinen Einschub:
Auch wenn ich aus naheliegenden Gründen davon Abstand nehmen will, den Ort dieses Stollens genau anzugeben, kann ihn wahrscheinlich jeder, der über ein bißchen Orts- und Geologiekenntnis verfügt, relativ leicht selbst finden.
Ich muß dennoch warnen: Beim Betreten nicht nur dieses Stollens, sondern solcher Objekte allgemein herrscht Lebensgefahr! Man überlasse solche Aktionen bitte trainierten Leuten mit entsprechender Ausrüstung und Absicherung! Ich wiederhole: Aus Spaß kann hier sehr schnell Ernst werden. Die Bergwacht hat besseres zu tun, als Idioten aus dem Berg zu kratzen - wenn das überhaupt noch ginge; fallendes Hangendes kann Leute ausgezeichnet vom drei- in den zweidimensionalen Zustand überführen.

Dieser Teil besteht aus einer sehr gut sichtbaren, ca. 15-20m langen Halde bzw. Rampe, und einem teilverbrochenen, jedoch noch sehr gut sichtbaren Mundloch. Ich vermute, daß die Form der Halde dadurch entstand, daß zur Abfuhr des beim Stollenvortrieb entstandenen Abraumes (wie bei solch kleineren Grubenbauten üblich) steckbare Grubenbahngleise ohne Unterbau mit darauf laufenden kleinen 'Frontkippern' eingesetzt wurden - man kann sich diese Sorte steckbare Gleise ungefähr wie die zusammensteckbaren Gleisteile einer Märklinbahn vorstellen. Diese Halden- bzw. Rampenform deutet meiner Meinung nach darauf hin, daß eventuell geplant war, dort ebenfalls eine Abfuhrstelle für geförderte Erze einzurichten - zu welchem Zweck sonst sollte eine derart langgestreckte Form der Aufschüttung gewählt worden sein?.

Die Substanz der Halde bzw. Rampe stellte sich bei einer kleinen Grabung als Trümmer des dort vorliegenden Hauptrogensteines gemischt mit dem üblichen tonigen Schlunz dieser Gegend (Opalinus- bzw. Oxford-/Ornatenton? Leider bin ich kein Geologe...) heraus. Ich konnte zumindest auf Anhieb keinerlei Murchisonerzspuren finden - dies hätte mich angesichts der weiter unten beschriebenen Verhältnisse des Stollens, der meiner Meinung nach an keiner Stelle die erzführenden Schichten erreichte, auch auf's Äußerste verwundert.

Der Stollen an sich weist eine Länge von ca. 25-30m auf, und ist wohl in Breite und Höhe relativ großzügig ausgeführt worden, wie auf den Bildern recht gut zu sehen sein dürfte. Das Profil des Stollens nähert sich allmählich dem typischen "Halbmond" an (da ja nicht nur von der Decke Material bricht, sondern auch von den Wänden). Das Gestein ist schönbergtypisch eher brüchig, wie zu erwarten; dazu wurden beim Vortrieb an mindestens zwei Stellen Karstspalten nicht unbeträchtlicher Mächtigkeit angeschnitten, was den damaligen Bergleuten wohl eine mittlere Freude verschafft haben dürfte und die Stabilität des Stollens nicht gerade erhöhen dürfte.

Reste der Verbauung sind in auf dem Boden liegenden Balken- und sonstigen Holzbruchstücken noch vorhanden; Metallteile waren außer Nägeln keine aufzufinden, was wegen nicht besonders gründlicher Suche nichts heißen muß. Obwohl der Stollen im Vergleich zu anderen nicht besonders naß ist, schwankt die Konsistenz der Holzverbauungsreste je nach Stelle des Stollens zwischen Verbundstroh und Käse (da jemand fragte 'welcher Käse': zwischen Bröckelparmesan mit Fasern und frischem Brie). Des fortschreitenden Verbruchs wegen sind zumindest auf den ersten Blick hin keine Bearbeitungsspuren wie beispielsweise Spreng- und Halterungslöcher oder aus tangentialen Sprenglöchern entstandene Rinnen zu erkennen.

Auch aufgrund der oben erwähnten doch recht großzügigen Dimensionierung stellt sich natürlich die Frage, welchem Zweck dieser Stollen dienen sollte, und warum dieser Zweck nicht erreicht wurde. Zumindest die zweite Frage dürfte recht einfach zu beantworten sein, da der Abbau im Betriebsteil Steinberg mit nur zwei Jahren doch wesentlich kürzer als ursprünglich wohl vorgesehen war, und daher schlicht und einfach sämtliche Arbeiten in diesem Teil relativ plötzlich eingestellt wurden.

Was den Zweck angeht, wird in der Literatur verschiedentlich die Meinung vertreten, daß wegen der bereits vor der Eröffnung vermuteten Transportprobleme ein unterirdischer Anschluß zum nicht allzuweit entfernten Südfeld vorgesehen gewesen sei, wobei dieser Stollen eine Rolle gespielt haben mag. Eine andere Hypothese wäre, daß es sich schlicht und einfach um einen Erschließungsstollen handeln mag, wobei sich dann natürlich die Frage stellen würde, warum nicht einfach die Richtstrecke Nord weiter vorgetrieben wurde und die bestehende Infrastruktur ua. des Stollen I benutzt wurde. Die Möglichkeit eines Such- bzw. Prüfstollens schließe ich eher aus - Bohrungsdaten dürften reichlich vorgelegen haben.

Vielleicht ist zum (vorläufigen) Abschluß noch die Zusammensetzung des hier abgebauten und versandten Erzes interesssant. Daher schließe ich einstweilen mit der betreffenden Auflistung der Grube "Steinberg" ab [Quelle: Bergbauarchiv Freiburg; zit. nach [1]).

Prozent an Durchschnitt 1938 1939
Eisen 23,70 19,56 20,08
Calciumoxid 21,63 24,15 25,44
Aluminiumoxid - 5,66 5,26
Siliziumdioxid 14,11 12,60 13,30
Magnesiumoxid 1,29(?) - 1,34
Phosphor 0,39 - 0,32
Schwefel 0,01 - -
Mangan 0,18 - 0,17
geb. Kohlendioxid 18,35 - -
Nässe/Wasser 4,00 7,16 7,56

Quellen- und Literaturhinweise:

[1]: Albiez, Gustav: Eisenerzbergbau am Schönberg bei Freiburg/Breisgau, Badische Heimat, Freiburg, 2/1978.

Planausschnitt des Bergwerkteiles Bollschweil/Steinberg
Profilansicht des Steinberges mit Flurbereinigung
Ungefährer Ort des verschütteten Stollen I am Steinberg
Alte verfallene Rebterrassen im Wald des Steinbergs
Alte, verfallene Rebterassenmauer
Ansicht des Steinbruchs am Bergprofil Steinberg
Steinbruch am Bergprofil Steinberg, Tele
Höhle in kalkigem Deckgestein
Höhle mit seigerem Schacht, Steinberg bei Bollschweil
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Im Wald gelegene Rampe bzw. Halde mit teilverbrochenem Mundloch
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Rampe bzw. Halde mit teilverbrochenem Mundloch und Bergwerksfan zum Größenvergleich
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Teilverbrochenes Mundloch von Rampe aus
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Teilverbrochenes Mundloch, Restspalte, sehr brüchiger Zugang - Lebensgefahr!
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Anfang des Stollens direkt am Mundloch
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Stollen nach ca. 5m
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Stollen mit Grubenholz, Reste des Verbaus
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Stollen mit Grubenholzresten und erstem Teilverbruch
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Grubenholzdetail
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Stollen hinter erstem Teilverbruch
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Stollen zu zweitem Teilverbruch und Ende bei ca. 30m.
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Stollen zu zweitem Teilverbruch und Ende bei ca. 30m
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Blick zurück zum Mundloch
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Stollenquerschnitt
Möglicherweise zum Bergwerk Steinberg gehörend: Mundloch mit Halde bzw. Rampe