Facetten des Eisenerzbergbaus am Schönberg oder „Unsere Bauten haben stets Anklang gefunden“

Überblick

Obgleich die Eisenerzvorkommen im Vorfeld des Schwarzwaldes, so auch am Schönberg bei Freiburg, seit langem bekannt waren, galten sie jedoch aufgrund zu geringer Eisengehalte als unwirtschaftlich. So wurde 1920 eine erste Mutung abgelehnt; das Bergamt befand, daß der Gehalt zu niedrig sei, um das Erz „im Sinne des Berggesetzes als Eisenerz zu bezeichnen“, da der Eisengehalt lediglich zwischen 20 und 30% lag. Diese Situation änderte sich 1936 mit Inkrafttreten des Vierjahresplans grundlegend. In fünf Jahren, zwischen 1937-1942, wurden bei einer geschätzten Stollenlänge von ca. 40km und ca. 23 Mundlöchern über 1,4 Millionen Tonnen Erz gefördert - die betroffenen Gemeinden wurden dabei allerdings recht wenig gefragt.

Mit dem Abbau beauftragt wurden die Rohstoffbetriebe der Vereinigten Stahlwerke mit Sitz in Dortmund, die in Freiburg ihr Verwaltungsbüro für Süddeutschland einrichteten. In den folgenden Jahren entwickelten sie eine heftige und schnelle, ja hastige Bautätigkeit. Auch am Schönberg wurde in hunderten Probebohrungen das Gelände geologisch erkundet, Stollen gesprengt und gegraben, Schächte abgeteuft, Transportmöglichkeiten geschaffen sowie Bergleute und anderes Personal angeworben. Es entstanden drei nicht miteinander in Verbindung stehende Abbaufelder, das Nordfeld bei St. Georgen, das Südfeld bei Ebringen und das vergleichsweise unbedeutende Grubenfeld Steinberg bei Bollschweil.

Nach 5 Jahren dann war der Spuk vorbei, das Bergwerk wurde geschlossen. In den Folgejahren mußten die Vereinigten Stahlwerke bzw. deren Rechtsnachfolger sich nur noch mit der Sicherung, Verwaltung und Beseitigung von Bergschäden beschäftigen.
Heute sind die äußeren Zeichen zum größten Teil verschwunden - nur noch ein halbverfallener Erzbunker in Ebringen und ein Stück des Eisenbahnstollens stechen ins Auge.

Fazit

Das Bergwerk Schönberg stellt ein wichtiges und in dieser Region einzigartiges Industrie- und Geschichtsdenkmal dar, allerdings im Wesentlichen unterirdisch gelegen und somit dem Blick entzogen.

 

Der Vierjahresplan: „Die deutsche Armee muss in vier Jahren einsatzfähig sein - Die deutsche Wirtschaft muss in vier Jahren kriegsfähig sein.“

Schon beim Bau des ersten Stollens hielten sich die Vereinigten Stahlwerke nicht mit Marginalien wie Genehmigungen auf. Daß dies kein Versehen war, sondern durchaus System hatte, sollte sich des öfteren zeigen.

<link http://de.wikipedia.org/wiki/Vierjahresplan target="_blank">Vierjahresplan</link> - Deckblatt (Quelle: Wikipedia)

Der Stadt schwante schon bald, was auf sie zukommen würde. Nach nicht besonders hoffnungsvollen Anfängen machte sich bereits im Jahre 1938 bei den zuständigen Amtsträgern der Stadt Freiburg Besorgnis breit. Zwar klang es anfangs noch relativ geduldig, wenn etwa ein Ratsherr in schönstem Amtsdeutsch darauf hinwies, daß etwa in St. Georgen „die Zufahrtsstraßen übermäßig beansprucht“ würden und „der Betrieb anscheinend die erforderliche Umsicht außer acht“ lasse. Auch erhob die Stadt Freiburg schon früh Einwände gegen die geplanten Baumaßnahmen, meistenteils der Befürchtung wegen, daß das „Landschaftsbild unmittelbar vor den Toren der Kur- und Fremdenstadt Freiburg in unverantwortlicher Weise verunstaltet würde“. Es müsse unbedingt darüber gewacht werden, daß „ihre reizvolle Umgebung in ganzem Umfang erhalten“ bleibe. Die Zuständigen der Stadt trafen mit Vertretern der Stahlwerke zusammen, wiesen auf unerwünschte Folgen hin und brachten Einwände vor. Sie gingen zu diesem Zeitpunkt wohl noch davon aus, daß verweigerte Baugenehmigungen irgendeinen Einfluss auf die Bauvorhaben der Vereinigten Stahlwerke haben könnten.

Diverse Ortsbesichtigungen bestätigten das rüde Vorgehen der Stahlwerke: Viele Bauarbeiten wurden ohne Baugenehmigung durchgeführt, Bäume entfernt , „ein ganzes Gewann zugeschüttet“, Bohrtürme aufgestellt, nach dem Abbau die Plätze einfach eingeebnet und so der Boden unfruchtbar gemacht. Es wurde etwa bei „Ausschachtungen und Bohrungen der anfallende Aushub einfach bei Seite geschüttet, ohne darauf zu achten, ob dadurch Privatgelände mit zugeschüttet“ werde. In zahlreichen Fällen seien auch „Bäume bis zu den Kronen mit Grund“ bedeckt worden. Daß dadurch „die Bäume zugrunde gingen, sei scheinbar für das Bergwerksunternehmen von keinerlei Interesse“.

Weitere Besichtigungen beschrieben zunehmend diese und weitere Schäden, daß etwa üblicherweise ohne vorherige Kontaktaufnahme mit den Eigentümern Bohrtürme aufgestellt und anschließend die Plätze planiert wurden. „Der wilde Boden liegt nun oben, die Grundstücke sind festgetreten und -gefahren und mit Steinen übersät“. Im Wald sah es nicht besser aus; neben vielen durch das Bergwerk verursachten Waldschäden wurde auch stetiger Holzdiebstahl durch die Bergleute beklagt: „Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Täter unter den vom Bergwerk Beschäftigten zu suchen sind“. Beschwerden der Stadtverwaltung blieben erfolglos, die Bergwerksverwaltung antwortete nur selten auf schriftliche Anfragen.

Ab Mai 1938 befaßte sich dann ein städtischer Bauausschuß mit den üblen Vorkommnissen. Man fand die rücksichtslosen Übergriffe der Stahlwerke empörend und inakzeptabel. Eine Bausperre wurde erwogen; die Stadt fürchtete aber im Bewußtsein, dabei den Kürzeren zu ziehen, die offene Konfrontation. Die am 18. Mai 1938 in einer Besprechung der zuständigen Stadtbeamten vereinbarten Forderungen - „Verhinderung des sogenannten wilden Bauens“, „Bevorzugung der ländlichen Bauweise“, „Erhaltung des noch vorhandenen und schutzbedürftigen dörflichen Charakters“ und „Beachtung der Vorschriften über die [...] einzureichenden Unterlagen“ des baupolizeilichen Verfahrens“ - zeugen so nur von weitgehender Hilflosigkeit.

So war man sich darüber im klaren, daß man dem Vierjahresplan nicht allzu viel entgegenzusetzen hatte: Das gleiche Sitzungsprotokoll beklagt das Vorgehen der Bergwerksgesellschaft, „die unter Berufung auf die ihr im Rahmen des Vierjahresplans zugewiesene Aufgabe rücksichtslos alle ihr gutscheinenden Maßnahmen trifft [...] ohne sich sich um die bestehenden Vorschriften oder die Einwendungen der öffentlichen Behörden zu kümmern“. Um sich gegen die „Eigenmächtigkeiten der Bergwerksgesellschaft“ zu wehren, sollte, reichlich blauäugig, „nötigenfalls gegen Übergriffe auch das Einschreiten des Leiters der Reichsstelle für Wirtschaftsausbau [...] erbeten werden“.

Daher setzte man auf Diplomatie und erreichte eine „Aussprache“. Darin gab der Direktor der Bergwerksgesellschaft immerhin zu, sich „nicht immer streng an die gesetzlichen Vorschriften“ gehalten zu haben, versicherte, auf „gute Zusammenarbeit besonderen Wert“ zu legen und gelobte Besserung und Entschädigungszahlungen, über deren Höhe man sich jedoch wenig überraschend nicht einigen konnte.

1938 sollte beim Bahnhof St. Georgen eine „ganz große Bauanlage“, ein Industriegebiet entstehen, eine „Erzbrech-, Sieb- und Verladeanlage“, Mittelpunkt des gesamten Abbaus, wo das gesamte geförderte Material ankommen, gebrochen und per Bahn zur Verarbeitung im Ruhrgebiet weiterbefördert werden sollte. Eine Seilbahn sollte das Ebringer Erz zu einem Erzsilo bringen, der Eisenbahnstollen das Erz aus dem Nordfeld. Ausgedehnte Gleisanlagen sollten erbaut werden, Maschinenanlagen zum Zerkleinern des Gesteins, Erzlagerplätze, Werkstattgebäude und vieles mehr. Als herausragende und prägnanteste Gebäude jedoch sollten mehr oder weniger mitten im Ortsbild St. Georgens zwei riesige, ca. 35m hohe Erzbunker aus Beton errichtet werden.

Als engagierter Gegenspieler auf Seiten der Stadt spielte in diesem Kontext Josef Schlippe, seit 1925 Oberbaudirektor der Stadt Freiburg, eine herausragende Rolle. Er zeigte sich als unermüdlicher und verlässlicher Streiter für den Landschaftsschutz und gegen Verschandelung. Man kann sich durchaus vorstellen, was Schlippe von den geplanten Industrieanlagen hielt: „Von Dortmund aus“ sei „eine Anlage mit ungewöhnlichen Abmessungen“ und „in der Freiburger Landschaft noch gänzlich unbekannten Bauwerken rein industriellen Charakters“ geplant worden, die „inmitten des schönen Landschaftsbildes stehen“ und „die Blicke aller auf sich lenken“ werde. Es liege ihm fern, in der drückenden Atmosphäre des Vierjahresplans „Schwierigkeiten bereiten zu wollen“, dennoch könne die Anlage ohne Mehrkosten oder technische Zugeständnisse „wesentlich besser“ gestaltet werden, nämlich so, daß sie „in Gesamtkomposition und Einzelgestaltung“ „architektonisch befriedige“ und „bei klarer Ausprägung des industriellen Charakters doch in Gesamtkonzeption und Einzelgestaltung [...] dem ungewöhnlich schönen Landschaftsbild gerecht“ werde.

Dies sei mehr noch der Fall, da „in Deutschland seit bald drei Jahrzehnten erkannt [worden sei], welche künstlerischen Gestaltungmöglichkeiten gerade der Industriebau“ biete. Neben weiteren frommen Wünschen, geäußert beispielsweise in einer Stellungnahme vom 26. Juli 1938, erwartete er wohl als Minimalziel wenigstens „bessere Abstimmung der Größenverhältnisse und Fensterformate zueinander“.

In diesem Fall konnten die Stahlwerke zwar nicht ganz so direkt wie in den Jahren zuvor gleich vollendete Tatsachen schaffen und in der Hoffnung, gar der Sicherheit auf Duldung oder nachträgliche Genehmigung bauen. So stellt die Stadt immerhin, offensichtlich gesäuert, Überlegungen an, die Baugenehmigung zu verweigern und auf Umgestaltung zu bestehen. Sie sieht jedoch im Endeffekt davon ab, denn „das Stahlwerk kümmert sich um derartige Regelungen im allgemeinen nicht, sondern stellt die Grundeigentümer vor vollendete Tatsachen“.

Die Herren von der Bergwerksleitung geloben zwar zum wiederholten Male Besserung, zeigen sich angeblich „zu jedem Entgegenkommen den formalen Wünschen der Stadt gegenüber“ bereit und versichern zudem: „[...] wir werden nach wie vor bemüht bleiben, auch in Zukunft alle erforderlichen Grundstücksregelungen vor Baubeginn durchzuführen“. Allzusehr dazu entschlossen scheinen sie allerdings nicht zu sein, denn gleichzeitig erwarten sie „entsprechendes Verständnis, daß sich [...] die restlose aktenmäßige Durchführung der Verhandlungen nicht immer vor Baubeginn erreichen“ ließe.

Das läßt nichts Gutes ahnen, und so teilt Schlippe auch am 24. November 1938 mit, er habe von den Stahlwerken ein „merkwürdiges Schreiben erhalten, das anscheinend auf eine Nichtbeachtung unserer Gegenvorschläge schonend vorbereiten soll“. Die Stahlwerke bemerken hierzu reichlich humoristisch, daß ihre Bauten „anderswo stets Anklang gefunden“ hätten. Zudem lehnt vorsorglich ein Vertreter der Stahlwerke namens Tengler bereits am 18. November 1938 mit Hinweis auf den Vierjahresplan, der „zur Förderung eisenarmer Inlandserze möglichst billig und schnell durchgeführt werden“ müsse, alle Vorschläge ab und meint, in Bezug auf Schönheit, Landschaftsschutz und Unauffälligkeit genug getan zu haben.

Dazu sorgt er mit der Bemerkung, daß die Stahlwerke „auch Verständnis für Forderungen in Bezug auf Schönheit“ hätten und „die ganze Gebäudeanlage möglichst versteckt außerhalb des Stadtkernes und des Vororts St. Georgen“ läge, zweifellos weniger für Erheiterung als vielmehr hilflose Empörung auf Seiten der Stadt und der betroffenen Bürger. Gleichzeitig droht er unverhohlen mit Weitermeldung an „die zuständigen Stellen, soweit [die Anlagen] sich unnötig verteuern“.

Besonders die Behauptung, die Bauten würden unauffällig, kann Josef Schlippe nicht hinnehmen und muss „doch feststellen, daß der Neubau nicht versteckt ausserhalb des Stadtkerns, sondern weithin sichtbar und in sehr bevorzugter Landschaft stehen“ wird. Er läßt nicht locker, weist Vorwürfe, die Bauten verteuern zu wollen weit von sich, begründet, erklärt und besteht auf Planänderungen. Er will „den Einschüchterungsversuchen der Baufirma keinesfalls nachgeben“.

Es nicht weiter verwunderlich, daß wenig später die Auseinandersetzungen um Farbgebung und Putz, Tarnanstriche, Lagerschuppen und Wegeverlegungen wieder aufflammten. Diesmal werden sie jedoch weniger verbissen geführt: Die Zeiten hatten sich geändert; der Krieg war bereits deutlich abzusehen. Wegen Mangel an Arbeitskräften ging bereits vor Kriegsausbruch nichts mehr so recht vorwärts, nach Kriegsausbruch hoffte man „auf baldige Zuteilung von Gefangenen“ und beklagte allerorten Baustoffmangel. Überhaupt war fraglich, wie lange der Bergbau noch fortgeführt werden sollte.

So konnte Herr Schlippe schlußendlich die rücksichtslos durchgesetzen, vergleichsweise monströsen Industrieanlagen nicht verhindern; jedoch gelangen ihm unter großem persönlichem Einsatz immerhin einige kleine Siege.

Exkurs I: Die Bergmannshäuser – die auch nach vielen Jahren nicht namentlich genannt werden wollende Zeitzeugin Frau E.

Schon damals empfand sie die Wohnung als sehr beengt: Ein kleiner Flur mit zu den Nachbarn im Obergeschoß führender Treppe, nach der Wohnungstür gleich die Wohnstube mit winziger Küche, dem Elternschlafzimmer und einem heute als Speisekammer dienenden Kinderzimmer. „Ich weiß nicht, warum die das Kinderzimmer so winzig gemacht haben. Sie wussten doch, daß die Leute hier alle mehrere Kinder hatten“, meint sie. Nach dem Krieg bekam sie weitere zwei Kinder, und so zog sie in Ebringen fünf Kinder groß.

Das Leben war schwer. Die Leute in Ebringen mochten die Zugezogenen nicht, besonders Bauer G. war böse auf sie; er hatte zwangsweise sein Land für die Siedlung hergeben müssen, „aber dafür konnten wir ja nichts“. Man beschimpfte sie als „Zigeuner“ und gern als „Morgenländer“; letzteres ein Wort, das auf die fremde Konfession hinweist, waren die Neuen doch meist evangelisch.

Nichtmal einen Apfel durften die Kinder aufheben, und „wenn sie eine Handvoll Gras für die Hasen rupften, gab es den größten Krach“. Im kleinen Garten baute sie Gemüse an und hielt zeitweise Hasen und Hühner. Mit den Einheimischen kam sie nie richtig in Kontakt, bis heute nicht. Sie nennt die Bezahlung der Bergleute „erbärmlich schlecht“.

Die Wände seien „papierdünn und sehr hellhörig, aber die Keller sind gut“, berichtete im Frühling 2009 ein St. Georgener Hausbesitzer.

Exkurs II: Die Bergleute – „bummelnde Polacken“ und Unfreiwillige

Die meisten der zugezogenen Bergmänner aber waren ledig. Für sie wurden in Ebringen und St. Georgen Wohnbaracken gebaut. Auch Männer aus den umliegenden Ortschaften fanden Arbeit im Bergwerk, arbeiteten aber wohl nicht immer zur Zufriedenheit der Betreiber. Die „im Bergbau nicht erzogenen einheimischen Kräfte feierten und bummelten stark“, klagten die Betreiber in einem Jahresbericht. Inwieweit die Arbeiter mit ihren Arbeitgebern zufrieden waren, wird an keiner Stelle erwähnt. Noch heute aber wird die Geschichte kolportiert, daß bei einem „Kameradschaftsabend“ der Bergleute die Kameraden ihre Chefs vermöbelt hätten, vermutlich unter erheblichem Alkoholeinfluss. Die Gründe dafür sollen nicht nur in der momentanen Situation, sondern an grundsätzlichem Unmut gelegen haben. Jedenfalls fand in den folgenden Jahren kein Kameradschaftstrinken mehr statt, zumindest kein offizielles.

In den Jahren 1938 bis 1940 kamen aufgrund des Münchner Abkommens sogenannte „Volksdeutsche“, also Bewohner ehemaliger „Ostgebiete“ dazu: Sudetendeutsche und Deutsche aus Polen, die von den alten und neuen Ortsbewohnern ebenfalls nicht mit offenen Armen aufgenommen wurden. Man nannte sie verächtlich „halbe Polacken“. Viele von ihnen konnten natürlich kein Deutsch. Später kamen Elsässer, die ihrer Sprache wegen von der Bevölkerung weniger als Franzosen, sondern eher als „richtige Deutsche“ empfunden wurden.

Darauf, daß besonders bei den Oberschlesiern die „Klarstellung der Nationalitätenfrage“ unmöglich blieb und auch bleiben musste, wirft ein Schreiben der Stahlwerke an den Ebringer Bürgermeister Franz von 1940 ein kleines Licht. Darin heißt es: „Die Erhebungen, ob es sich um Kongresspolen oder um Volksdeutsche handelt, sind bis heute noch nicht abgeschlossen und auch so gut wie in keinem Fall geklärt. Da es sich um Leute aus den ehemals deutschen Gebieten handelt, sollen sie, solange keine Klarheit besteht, als Volksdeutsche betrachtet und behandelt werden. [...] An und für sich ist die Anheftung des Abzeichens P [für „Pole“] ja nur zulässig bei den Ostoberschlesiern, die einwandfrei als Kongresspolen angesprochen werden müssen“. Inwieweit sich deren Behandlung außer durch den Zwang, ein sichtbares Emblem tragen zu müssen, unterschied, wurde hier nicht weiter ausgeführt. Man kann jedoch annehmen, daß sie unter noch schlechteren Bedingungen als die Volksdeutschen leben und arbeiten mussten. Es wurde zudem befürchtet, daß eine Einteilung der Bergleute in Volksdeutsche und „Kongreßpolen“ mit nachfolgender massiver Ungleichbehandlung unerwünschte Solidarisierung unter den Bergleuten auslösen könne.

 

Kommentar bei einer Führung im Eisenbahnstollen: „Sind Sie auch so ein Gedenktafelaufhänger?“

Kriegsgefangene Zwangsarbeiter, untergebracht im Lager St. Georgen und strengstens bewacht, mussten ab 1940 in den Gruben schuften, zuerst etwa 250 Franzosen. 1941 ersetzte man sie durch russische Kriegsgefangene. Diese kamen schon in erbärmlichem, halb verhungertem Zustand an, viele von ihnen krank. Die Arbeit untertage war hart, das Essen völlig unzureichend. Oft wurden sie bei der Arbeit ohnmächtig. Die Zwangsarbeiter, die das Lager überlebten, wurden nach Schließung der Grube 1942 an andere Arbeitsplätze verfrachtet.

Um vor Augen zu führen, wie elend es auch den „Volksdeutschen“ ergangen sein muss und wie groß die allgemeine Not war, sei hier aus einem Schreiben der Stahlwerke von 1940 zitiert:

„In unserem Wohnlager Ebringen befinden sich 45 Oberschlesier. Für diese Leute haben wir eine Waschküche eingerichtet, wo von 2 Frauen, die in unseren Diensten stehen, die Wäsche gewaschen, geflickt und gestopft wird. Hierzu benötigen wir Stopfgarn und Nähfaden. Da diese Leute zum größten Teil schon lange arbeitslos sind, sind sie in Wäsche und Kleidung sehr dürftig ausgerüstet. Würde man nun die Punkte für Stopfgarn und Nähfaden an ihrer Kleiderkarte abschneiden, dann beeinträchtigt dies die Möglichkeit zu anderen Anschaffungen, die unbedingt notwendig sind, ausserordentlich. Wir stellen daher hiermit den Antrag, uns für die Insassen des Wohnlagers Ebringen eine Sonderzuweisung an Nähfaden und Stopfgarn zu genehmigen. Diese Zuweisung würde dann von dem Lagerführer in Verwaltung genommen. Eine sparsame und geordnete Verwendung wird von uns garantiert“. Das Landratsamt bewilligte für alle endlich drei Reichsmark im Monat.

Hier stellt sich natürlich die Frage, wie es erst bei den Zwangsarbeitern ausgesehen haben mag – von solchen „Kleinigkeiten“ berichten die Akten nur wenig.

 

Quellen:

Stadtarchiv Freiburg, StA II-17/3, einige Zitate StA II-17/4.

Zum Vortrag „Eisenerzbergbau am Schönberg“ im Rahmen des Internationalen Bergbau- und Montanhistorik-Workshops Glottertal 2009 - Christian Rößler für die IG Bergbau am Schönberg