Bericht des Freiherren von Vernier zu den Verhältnissen im Suggental 1781

Vernier - genauer: Joseph Wenzl Freyherr von Vernier, Kaiserlich und königlicher Directoratsrath in Tyrol - wurde im 1781 von der Königlichen Hofkammer im Münz- und Bergwesen mit der Untersuchung des Bergwesens in Vorderösterreich beauftragt. Im Rahmen dieser Untersuchung besuchte er mehrmals das Bergwerk Suggental (von ihm "Sucken Thal" genannt), das im Jahre 1776 von der Gewerkschaft St. Anna wieder aufgewältigt wurde.

Wie aus nachfolgendem Bericht folgt, war er mit den Verhältnissen des suggentäler Bergbaues nicht gerade zufrieden: Diese geben ein gutes Bild allfälliger Korruption und Kuxkränzelei, die so vielen schwarzwälder Bergwerken das Genick brachen. An diesen Zuständen änderte sich auch nicht viel, wie man Bericht über den fünf Jahre später erfolgten Besuch des Herrn Carato sieht.

Dieser Bericht ist im Original im Bergarchiv Schwaz zu finden; leider sind die anhängenden Pläne im Rahmen verlorengegangen, da die Bayern früher mal Teile des Archiv abfackelten.

Anmerkungen im Text

Da einige damals verwendete Ausdrücke heutzutage nicht mehr gebräuchlich sind bzw. der damaligen Fachsprache entstammen, habe ich mir erlaubt, zum besseren Verständnis Anmerkungen einzufügen. Diese sind wie an diesem Beispiel kenntlich eingerückt.

Sucken Thal.

Dieses Thal liegt eine halbe Stund von der Stadt Waldkirch entfernt, und zieht, sich von dem durch das Waldkircher Hauptthal flüssenden Elz-Fluss zwischen Süd oder ganz sanft geschlungen bis an den vom Kandlberg sich gegen Abend ausdenenden höhern Gebürgs-Rücken in die Höhe, über welchen sich auf andern Seite das Glotter-Thal befindet, und aus diesen abfallenden Mittelgebürg die Suckenthäler Gehänge bestehen.

Nach der nehmlichen Stund des Thals, und fast nach denen nehmlichen Wendungen des Baches streichet zwischen 9 und 10 Uhr ein mächtiger silberhältiger Bleygang a:b: dessen Gang arth schwerer Spath, etwas Quarz und Letten ist, und auf etlich und 80 Grad von Morgen in Abend fallet. Weiter unten gegen das Waldkircher Thal befindet sich ein 2ter Gang a:c: von obern etwas in liegend, so aber Gelf Kupfer in mehr lettiger Gang art führt, und im streichen und fall von den obern nicht viel verschieden ist: Ersterer bessert unterhalb des Thals im Bach an einigen Orten aus: durch das ganze überige Thal sind darauf alte Schacht, und Stölln Pingen, und Eingänge zu ersehen. Der untere Kupfer Gang ist nicht so weit ersichtlich, die dermalige Gewerkschaft hat ihn nur mit Grund Grabung ihres Pocher entblösset.

Zu den Richtungsangaben: „Morgen“ bedeutet Westen, „Abend“ Osten. Richtungen a la „soundsoviel Uhr“ beziehen sich auf die alte Stundenteilung des Kompasses, eingeteilt in zweimal zwölf Stunden. Man stelle sich einen Kompaß vor, Norden oben: dann laufen die ersten zwölf Stunden linksherum gegen den Uhrzeigersinn hinunter nach Süden, die zweiten zwölf Stunden dann rechtsherum hinauf nach Norden. „Gang“ bezieht sich in der Bergmannssprache wie auch heute noch auf Erzgänge, d.h. mit Mineralien gefüllte Spalten, und nicht etwa auf Stollen.

Mit „Gelf Kupfer“ meint Vernier wohl Kupferkies; mit „Gewerkschaft“ sind nicht organisierte Werktätige, sondern die Gemeinschaft der Kuxbesitzer gemeint.

Dermalen baut auf diesen 2 Gängen eine theils aus Freyburgern: theils aus Waldkirchern zusammengebrachte Gewerkschaft, auf Veranlassung Zustand vermuthlich fabelhaften alten Schrift, so den vorigen reichen Zustand dieses Werks, und den unglücklichen Untergang desselben durch eine ganzliche Überschwemmung erzehlet.

Probleme mit dem Wasser, und es mangeln die Wetter

Der damalige Steiger dieses Werks ist der Lehnträger, er kam aus den Fürstenbergischen, suchet in diesen Thal fienget den Stolln Nr. 2 zu erheben an, liess sich den Aufstand machen und verkauften den Kux um einen Ducaten: brachte folglich nebst einigen conditionierten Leuten meistens arme Bürger und Handwerker zusammen, welchen er in sehr kurzer Zeit eine rechte Ausbeut versprach, und fuhr mit der Erhebung fort. In 50 Klafter kam er an ein die alten in der Sohl überlassenen Mittel an, teufte darauf etwas ab, und erzeugte etliche 80 Centner Erzt, bis ihn das Wasser nicht weiter liess: gleichwie er auch mit der Stolles Erhebung bis an das Feldort fortfuhr, wo ihm in den schon über 200 Klafter betragenden viel gewend und gekrümten Stollen die Wetter mangelten.

Eine Kux ist ein Anteilsschein eines Bergwerkes; Kuxgränzelei der Betrug mit Kuxen, etwa, wenn Erzvorkommen übertrieben wurden, um Kuxen zu verkaufen usw. Wenn das Bergwerk Verluste einbrachte, wurde pro Kux ein Zusatzgeld erhoben, die sogenannte Zubuße.

Ducat (Dukat): Goldmünze. Münzwerte und deren Umrechnung in moderne Verhältnisse sind immer sehr lustig, mit Dukaten geht's noch einigermaßen. Gehen wir hier einfach davon aus, daß ein üblicher venezianischer Handelsdukat von ~3,5 g Gold mit ~980/1000 Feingehalt gemeint ist.

Ein österreichischer Klafter zu sechs wiener Fuß entsprach 1,896 m.

Ein Centner (Zentner): 100 Pfund zu (im Jahr 1781 noch) 0,56123 kg, also ~56 kg. Seitennotiz: Das österr. Pfund wurde meines Wissens irgendwann im 19. Jhdt. zur Angleichung und Vorbereitung auf's metrische System auf 0,56 kg normiert.

Alles in allem nehmen "80 ctr Erzt" also einen Raum von ungefähr 0,85 Kubikmetern ein, wenn wir von ~4,5 t reinem Bleiglanz bei einer Dichte von 7,5 g/cm3 und einer Schüttungsdichte von 70 % ausgehen. Also nicht viel, und de facte nichts in Relation zu den nachfolgend von Vernier aufgezählten Ausgaben, selbst wenn wir "etlich" sehr wohlwollend interpretieren.

Es scheint, dass entweder die Alten von dem Punct e: an einen hangend trum nachgegangen seyn, und den Hauptgang im liegenden gelassen haben: oder dass die Erhebung nur dahin geschehen, und vielleicht die wahre Auslängung des Hauptganges noch versetzt seye, so wegen der Verzimmerung nicht abzunehmen ist.

„hangend trum“: Eine Abzweigung des Erzganges, entgegengesetzt der Neigung zum Senkrechten des Ganges. „Hauptgang im liegenden gelassen“: Bezogen auf das „hangend trum“ liegt dann natürlich der (Haupt-)Erzgang im Liegenden, also in Richtung der Neigung des Trums. Ach ja, ein Trum ist grob ausgedrückt ein Abschnitt oder ein Teil eines Ganges.

Da nun das Wasser in oberwehnten Abteufen nicht weiter nieder und der Steiger seiner Sage nach darin noch schuh mächtig Erz hinterliess, so suchte er den Stolln Nr. 3: auf und glaubte einen Unterbau zu finden. Er erhob ihn und am in der etlich 60sten Klafter an das feste Ort: 1: damit er nun wegen der Nicht erfüllung seines anfänglich gemachten Versprechens die schon ungeduldigen Gewerken besänftige, und verzögere: legte er anfangs von dem Feldort aus einen Unterbau gegen den oberen Stolln an: ging aber bald im Stolln etwas zurück und fing den dermahligen Unterbau g: h: an. Seinen Vorgeben nach will er damit /: ohngeacht er von dem Bergrichter und dem Directorat widerrathen wurde :/ erstlich die in den Keller des Zechenhauses ausbeissen, sollende Kluft, so ein Trum des mächtigen Ganges seyn kann, erbauen, und das im abteuffen zurückgelassene Erz unterfahren.

Schuh (~Fuß): Wahrscheinlich der in Österreich im großen und ganzen übliche gemeingriechische Fuß (pous metrious) zu 16/15 römischen Fuß (a ~0,296 m), also ~0,316 m.

In Anbetracht der in diesem Abteufen eroberten 80 und noch etwelchen an einigen erzeugten Centner Erzt; und Pochgängen beredete er gleich die Gewerkschaft und baute das Zechenhaus Nr. 6: und den Pocher Nr. 7: welche beiden Gebäude über 3500 Fl gekostet haben, wo doch bey diesen anfangenden Werk sowohl der Steiger als die anderen Bergleute in denen nahe gelegenen Baurenhäusern gut hätten wohnen und wann je ein Pochen schon nöthig gewesen wäre; derselbe mit einem Viertel Unkösten hergestellet werden können. Weil endlich, wie ich im ersten Theil sagte, die Schmelzung mit denen 80 Centnern Erzt in den Sanct Trutperter Hütte so übel ausfiel; brachte er es auch soweit; dass die Gewerkschaft schon im Begriff war auch eine Schmelzhütte auf den Platz Nro 8 zu erbauen.

fl: Florin, Gulden. Goldmünze. Da wird's jetzt richtig lustig: Früher in Namen, Gewicht und Zusammensetzung fast synomym zum Dukaten, begannen sich die Bezeichnungen wegen fortschreitender Gehaltsverminderung der als Gulden bezeichneten Münzen (und wechselnder Münzbilder) aufzuspalten. Nehmen wir hier an, daß 1 Gulden/Florin einem Dukaten entspricht, nur mit etwas Abschlag.

So ware der Zustand dieses Werkes als ich hinkam; und das ich vermög hohen Auftrag dieser Gewerkschaft besonders anbauen gehen sollte, so nahm ich mich auch gehorsamstermassen sonderbar um Selbe an, und liess nachdeme ich beyde Stölln befahren und die ganze Revier, so weit die Pingen mich führten, übergangen habe, das nöthige genaue Verziehen, untersuchte ich den Halt ihrer erzeugte Erzte und Pochgängen, ihr Pachmanipulation und die übrigen öconomischen Umstände mit all möglicher Sorgfalt und fand; dass diese Gewerkschaft von des Steigers Eigennutz, welchen der eine Gewerk, so zugleich Schichtmeister ist, aus nehmlicher Ursach unterstützet; und von der eigenen hartnäckigen Unwissenheit ein mitleidwürdiges Opfer seye.

„untersuchte ich den Halt“: Analyse des Metallgehaltes.

Es hat dieser Schichtmeister 60 fl: jährlich Besoldung, von diesen kann er leicht die auf seyne Bergtheil wie auch der Steiger für seine 3 Kux, so er behalten kann von den grossen Lohn, und Ausschank Gewerk die betreffende Zubuss bezahlen und achten folglich die grossen Zubussen nicht; umso mehr als sie von dem Aufwand das meiste genüssen; aber denen übrigen armen Gewerken, von die meisten fast immer das Geld auslegen müssen: fällt es wohl sehr hart; wann die Zubussen unnötherweis so gross sind.

Seit dem 1. September 1776 bis letzten Merz 1780, bis wohin ich den Abschluss ihrer Rechnung machte verbauete die Gewerkschaft schon über 9000 fl: wo entgegen ihrer activ-Vermögen ohne den Wert der Taggebäuden kaum einige 100 fl betraget, und sollen gekommen werden. Ich will meine Meinung und den Raht, den ich der Gewerkschaft gab, hier kurz widerholen.

Was am ersten den Berg und Grubenbau dieses Werks anbelangt, so ist aus der Gebürgslage aus den vielen alten Pingen, aus denen bishero erhobenen 2 Stölln und dem in den einen befindlichen mächtigen Gang, wo hie und da auch etwas weniges weiss Gulden verspühren ist, gegründet zu mutmassen; dass die Alten viel und reiches Erzt gehauet, und diesen Gang schon ziemlich verhaut hab mögen; Wann sodann die von diesem Werk vorfindige alte Schrift kein Fabel wäre; so könnte vielleicht sein, dass /: da dieses Werk vor einigen hundert Jahren durch diese unglückliche Überschwemmung zu grund gegangen ist :/ noch unterhautes Gebürg, und auch der Gang noch ganz und Edl: anstehend gefunden werden könnte. Eine 2te und grössere Hoffnung aber durfte sein, dass durch quer Schläge in denen von die alten gar nicht: oder wenigstens nicht genug untersuchten liegenden und hangenden noch unbekannte Gäng und Klüfte zu erbauen seyn mögen. Diese Hoffnung ist um so viel grösser, weil dieses Werk vermuthlich vor bekannt Werdung des Pulwers erliegen geblieben ist.

Weit entfernte Hoffnungen auf Gewinn...

Alle diese Hoffnungen jedoch sind noch ziemlich weit entfernet. Es kommt hauptsächlich darauf an, wie weit noch der Alte Stolln zu erheben ist und wie bald man an das ganze Feld Ort kommen wird; um zu sehen wie weit die Alten den Gang verhaut: oder was sie zurückgelassen haben; Dann vermög dieser Pingen ist zwar dieser Gang im höhern Gebürg von Tag hinab meistens verhaut: Es kann aber sein, dass die Alten mit dem Stolln Nr 2: welches der tiefste Unterbau gegen die oben Pingen gewesen sein muss, unter diese Verhaue gar noch nicht gekommen sind. Und überhaupt kann auf diesen Gang vor Erreichung der höhern Gebürgs nicht viel zu hoffen seyn; weil erstens noch über der Pinge: Nro 9 sehr wenig Gebürg fasset das Wasser nirgends unter die Sohle lässt und wegen der sehr flachen Lage des Thals kein Mühlöniger Unterbau mehr anzulegen ist.

„Mühlönig“: Etwas, das die Mühe lohnt bzw. mit vertretbarem Aufwand machbar ist.

Ungeachtet nun von dieser Erhebung des Stolln Nro. 2: bei diesem Werk alles abhanget, und hierdurch die Bau- oder Unbauwürdigkeit desselben muss erhoben werden; liess die Gewerkschaft auf Anraten des Steigers nach erhobenen 200 etlich 40 Klafter aus Mangel des Wetters diese Hauptarbeit stehen und ging lauter Neben-Weeg – krazte auf alten unbedeutenden Striften noch etwas Erzt heraus: ohne dessen halt eher probirt und die Eroberungs Würdigkeit gesehen zu haben, und endlich gingen sie gar den unvernünftigen Unterbau Nr. 3 an. Dieser Unterbau /: wie das Profil zeiget :/ bringet gegen obern Stolln vom Mündloch an nur 4 Klafter Seiger teufe ein und ist in etlich und 60 Klafter schon gegen 1 Klafter gestiegen.

Der Steiger entwässert seinen Keller...

Unter das im Schächtel zurückgelassene Erzt wären in der geradesten Linie durch Quergestein über 50 Klafter: Das Abteuffen ist auch /: wie der Steiger sagte :/ fast 2 Klafter tief, folglich würde mit dem Unterbau an das vorgesetzte Ziel und End fast Sohl auf Sohl kommen. Wann endlich auch dieses nicht wäre, so fand ich die Sohle dieses Stollns von den Alten hie und da auch schon angegriffen, und nur verstürzt: Es ist folglich mit Grund zu muthmassen, dass von ihnen nur kleine zu gering hältige Mittel stehen geblieben sind, und vermög Feuer Proben zeuget sich auch nicht; dass die sodannige Eroberung die Kösten dieses Unterbaues bezahlen werden: Denn das unter sich befindliche Erzt ist sehr wasser kiesig, und kommt in einen schlechten Halt, wie aus dem gleich unten gesetzten Halt Zettel zu sehen ist. Ich muss fast argwohnen, dass der Steiger diesen Unterbau vielmehr zur Abzapfung des Wassers aus seinem zum Ausschank gehörigen und ertränkten Keller haben wollte.

"ist sehr wasser kiesig...": Vernier meint hier, daß das Erz vowiegend aus Markasit bestünde, und von daher weniger Blei und damit Silber enthielte.

Diese nur unnütze Kösten verursachenden Unterbau riethe ich stehen zu lassen und lieber ohngesäumt die schon 1 ½ Jahr stehn gelassene Erhebung des obern Stollns wieder anzugreiffen, wo ein Licht Loch per 18 Klafter abzusenken käme, so uns so viel leichter zu bemerken wäre, als es eben auf eine alte Schacht Pingen Nro 9 traf, welche denen Alten schon zum Wettern gedient haben muss, und folglich nur aufzuheben und der Stolln noch gegen 10 oder 15 Klafter bis darunter zu erheben gewesen wäre.

Nebst diesen rieth ich der Gewerkschaft, den mit der Grundgrabung ihres Pochers entblössten Gelf Kupfer Gang auch in etwas zu untersuchen: Die Gestalt und Halt dieses Ganges ist hoffentlich: aber gleichwie der obere Gang durch mehrere hundert Klafter sehr unbedeutenden Gebürg fasset; ebenso hat dieser fast bis unter die obern 2 Stölln; so über 300 Klafter betraget, nur dann Erde auf sich, und der Stolln Nr. 4, mit welchen die Gewerkschaft diesen Gang schon wirklich ausgebaut hat, ist mit dem Rinnsal des Eltsch Flusses fast gliche Ebensohl: folglich kein tieferer Unterbau mehr möglich; indessen /: wann auch nur unter der Dammerde fort der Gang immer edel anhielt; so könnte die Gewerkschaft denselben stollnmässig fort übertreiben, und dieser Stolln wäre /: obwohlen in sehr weiter Strecke:/ eher mit der Zeit zu einem Unterbau gegen die oberen Gebäude zu gebrauchen da er doch unter der Stolln Nr 2: über 15 Klafter Seiger einbrächte und ohn dies den Erzt nach betrieben werden kann.

Hier kommt es jedoch drauf an, ob die Alten noch nichts darauf versucht haben. Ich habe von dem Platz, der zur Schmelzhütte bestimmt ist, etwas gegen Abend einen alten Stolleneinbruch Nro 5 wie auch gleich unter den angefangenen Stolln Nro 4: ein ausflüssendes stark schwefelichtes Wasser wahrgenommen. Der erstern Stollneinbruch scheint mir zwar eher in das liegende des Bleyganges zu zielen: aber das alles angesehen nach auch aus einem Stolln ausflüssende Schwefelwasser macht mich glauben, dass auch die Alten den Kupfer Gang schon gekannt haben.

Das „ausflüssende stark schwefelichte Wasser“ bezieht sich auf die Schwefelquelle im Suggental, die allerdings nichts mit altem Bergbau zu tun hat. Dieses Wasser wurde für Kuren im Suggenbad genutzt.

Es kann aber seyn; dass sie auf Kupfer nicht bauen wollten. Es wäre besser und sicherer gewest, wenn die Gewerkschaft diesen Wasser nachgegangen wäre; sie wollten aber nicht; der dermahlige Stolln ist nur kaum merklich höher.

Diese 2 Suckenthäler Gänge streichen so nahe paralel mitsammen, dass /: wann es nicht eine ganz andere Erztgattung wäre :/ man fast es für einen Gang halten könnte.

Hier will ich jetzt den Halt von denen bey diesen Werk sowohl von mir gemacht, als auch bei meiner Zurückkunft zur Brixlegg wiederholten Feuer Proben her sitzen.

Aus dieser armen und bei den Scheid Erzt, Pochgängen und Schlichen fast gleichen Hälten zeiget sich von selbst sowohl die elende Scheidung, als auch die Eroberungs und Pochens Unwürdigkeit.

Vernier gibt guten Rat...

Deswegen sagte ich der Gewerkschaft, so solle alle weitere Erzt eroberung auf denen alten Krägen stehen lassen, indeme dieselbe vermög den in der Feuerprobe erzeugten Schlich eben viel zu gering im Silberhalt ausgefallen ist; dass er also weder die Gewinnkösten bezahlen kann; weswegen auch der ohnedies zu frühzeitig und zu kostbar gebaute Pocher lieber wieder bis weitern bessern Seegen, wo mühlönige Pochgäng gewonnen werden können, stehen bleiben solle, indeme doch besser ist, das auf den Pocher verwendete Kapital unbenutzt liegen zu lassen; als nebst Mangel des jährlichen Interesse noch immer fort aus dem Sack Schaden tragen zu müssen. Dieser Pocher stehet jetzt aus Mangel der Pochgänge, und der bisher erzeugte Schlich und Mehl ist für sich allein vermög der geringen Halt nicht Schmelz würdig.

Eben aus diesen Ursachen wiederrieth ich auch ebender Gewerkschaft um die Concession ihres ganz unüberlegten Hüttenbaues; welche ich Ihnen /: wie gesagt :/ eingebothen, anzulangen, und macht derselben einige Hoffnung, dass vielleicht von Seiten des allerhöchsten Aerariums, für die zu gut Bringung ihrer Erzte gesorget werden wird.

Concession: Erlaubnis zum Bau; Aerarium: Staat bzw. Staatsfinanzen bzw. Fiskus, meistens Regierungsbehörden gemeint.

Da ich dann auch bey Untersuchung der Bergbau Oeconomie gefunden habe; dass dieses Werk vermög seinen noch weiten und sehr zweifelhaften Aussichten mit Arbeitern viel übersetzt ist, selbe unproportionirte Löhnungen haben, und überhaupt so kostbar gebauet wird, dass eben deswegen die 4taligen Zubussen so gross ausfallen, und die meisten Gewerken damit nicht zuhalten können: dass 2tens von dem Schichtmeister immer Geld wegen vielleicht unerlaubtes Interesse vorgestreckt werde /: wie er würcklich seiner eigenen Anzeige nach bereits über 600 fl bereits zu fordern hat :/ und dass das Werk nebst denen schon auf die überflüssigen Taggebäude verwendeten grossen Kösten noch verschuldet wird; folglich bey etwann gänzlicher Zerfallung desselben die Taggebäude denen Kreditoren allein zu fallen müssen, und die anderen armen Gewerken fast nichts bekämen; so stellte ich auch der Gewerkschaft vor, dass sie ihren Bau und die Ausgaben nothwendig einschränken müsse; und zu betreibung desselben nur die Helfte nämlich 7; oder höchstens 8: Mann davon nöthig ab. Es sollten also die anderen entlassen werden.

Die Gewerkschaft solle auch bey jenen, welche in der Arbeit verbleiben, das Geding einführen, damit die übermässigen Wochen und Schichten Löhne aufhören. Der Steiger hat sich selbst 15 fl: monatlich ausgeworfen, und Häuer haben per 24.20 und das Gesindel per 18 bis 15 krz. In Ansehung dieses übermässigen Lohns des Steigers, auf dessen Vermünderung ich doch Anbetracht seines Weibes und 6 Kindern nicht antragen wollte, sollte derselbe /: weil er sonst fast nichts zu thun hat :/ selbst mit arbeiten, und zwar durch Erspahrung eines Häuers das herein bringen, was er der Gewerkschaft über sein Verdienste zu viel kostet; Gleichwie auch der Schichtmeister als Mitgewerk von einen in so grosser zufluss stehenden Werk für sein ganz unbedeutende Mühe keinen Solarum hatte verlangen sollen.

Gewerkschaft: Wie wohl bereits erwähnt keine Arbeitervereinigung, sondern Anteilseigener; Geding: Bezahlung nach Stückzahl bzw. hier Vortrieb a la Akkord.

In weitern solle dem Steiger nicht mehr die volle Gewalt gelassen werden. Er solle alle Wochen Report erstatten, und keinen Arbeiter aufnehmen noch abstellen können.

...und kommt dem Steiger auf die Schliche.

Überhaupt habe ich diesen Steiger in der 3jährigen Führung des Baues bey meiner Untersuchung eines sehr sträflichen Eigennutzes schuldig, und dem Schichtmeister wegen seinem Geldvorstrecken, und all zu starken Unterstützung dieses betrügerischen Steigers eben verdächtig befunden. Nicht nur dass genannter Steiger von Anfang nur zur Anbringung der Kuxe zu viel versprochen, sondern er verleitet die Gewerkschaft /: wie Sie sich selbst beklagte :/ zu allen diesen unnützen und zu frühzeitigen Ausgaben. Seyn bequem und gutes Leben – die Unterbringung seiner Nach und Weiter befreunden welche alle die Gewerkschaft ernähren solle ist seyn einziges Augenmerk. Man kann nichts anders urtheilen, als dass Er das Zechenhaus nur nebst freyen Quartier, den Wein und Bier Schank genüssen zu können, erbaut habe; dass er zur Versorgung seiner Befreunde, und damit auch mehr getrunken werde, so viel Leute aufnahm, und eben ihrer freyen Wohnung der so kostbaren Pocher mit Wohnungen erbauet worden seye. Die Suckenthäler Bergleute bestehen nur in der Familie des Steigers: Was bey so vielen Arbeit Leuten am meisten auf fällt, ist die Anstellung eines besonderen Pocher Steigers mit 12 fl monatlich Lohn: wo doch dieser Ortlieb /: so heisst gedachter Steiger :/ nichts zu tun hat, und den Pocher leicht auch hätten versehen können.

Alles dieses stellt ich der Gewerkschaft mit der deutlichsten Erklärung unter zweymaliger zusammen beruffung vor, und gab ihnen alles mögliche an die Hand, als ich aber nach geendigten übrigen Untersuchungen wieder nach Freyburg kam, hörte ich; dass dieselbe alles auf zu reden des Steigers und Schichtmeisters bey dem alten lasse, und ausser der einzigen Untersuchung des Gelf Kupfer Ganges, wo ich noch den Stollen Nro. 4 einige Klafter angetrieben: aber den Gang noch nicht damit erreichet sahe, nichts von meinem Raht befolgen wolle. Ich fand mich demnach so wohl von selbst; als auch auf Bitten einiger vernünftiger Gewerken dieses Werk verbunden, nochmals eine zusammen beruffung zu Waldkirch zu veranstalten und sowohl der ganzen Gewerkschaft, als besonders diesem sträflichen Steiger ernsthafter zu zünden und sowohl ihme: als auch der Gewerkschaft zu drohen; dass ich alles hohen Orts einberichten und man einen solchen offenbahren, und zum allgemeinen Schaden gereichenden Betrug, und ganz unvernünftig unbergmännischen Bergbau nicht gleich gültig ansehen werde.

Da dann die Meinung der Gewerken getheilt waren, und einige nach meinem Rath bauen wollten, ich aber selbst bei ihren Werk nicht veranstalten wollte, so sollte jeder Gewerk seine Meinung in das Protocoll geben, hierauf verlangte die Gewerkschaft Bedenkzeit und versprach mir nach gepflogener alleiniger Unterredung ihre endliche Erklärung zu geben. Es erfolgte aber diese Erklärung nur von dem Schichtmeister allein unterfertigter, welches ich nicht annehmen, und von Schwatz aus dem Bergrichter nochmals auftragen musste, die Meinung der Gewerken zu sammeln - dieser schickte mir von einigen Gewerken unterfertigtes Protocoll.

Nach einiger Zeit endlich beklagte sich der Schichtmeister wieder; dass er und viel Haupt gewerken nichts von der durch den bergrichter veranlassten letzten Zusammen kunft gewust hätten: darüber verlangte ich wieder des Bergrichters Verantwortung: weil ich ihme verordnet habe, die ganze Gewerkschaft zu beruffen: diese Verantwortung weiset auch das Gegentheil, umsomehr als der Waldkircher Obervogt von Zwehringer, welchen er besonders auch anführt, in den Protocoll unterschrieben ist.

"...und wann sich eine Gewerkschaft wissentlich will betrügen lassen, so kann ihr niemand helfen."

So viel ich übrigens seit meiner Abreis aus Vorderöstreich weiss und wie aus den oberwehnt letztes Schreiben des Schichtmeisters abzunehmen ist, so bauet die Gewerkschaft noch immer den Unterbau, die Erhebung des Stolln Nro. 2 steht und meine überige oeconomische Rathschläge werden auch nicht erfüllet; ich habe mir die Befolgung derselben erhoffet; indeme der Steiger sehr eingeschrenkt wurde, und dem Schichtmeister vermuthlich auch was entgieng, und wann sich eine Gewerkschaft wissentlich will betrügen lassen, so kann ihr niemand helfen.

Über das besonders unartige Betragen dieser Gewerkschaft jedoch währen meiner Komissions Verrichtung kann ich mich billig geschweren. Erstlich hat dieser Steiger und noch einige, zu wieder Einschläferung der Gewerken ausgesprengt: Die Komission seye nur da, um die Werker zu besehen und welche hoffendlich wären, denen Gewerken wegzunehmen: deswegen lobe sie keines.

Als ich 2tens von allen ihren Erzten, Pochgängen und Pochmehlen Proben nahm, und ihnen den wahren Halt zu geben versprach, schickte der Schichtmeister und Steiger aus Misstrauen als wenn ich ihme zu fleiss zu geringe halte angeben würden, von allen diesen auch Proben in das Fürstenbergische. Ich hielt denen betreffenden dieses vor, und verlangte den Fürstenbergischen Halt zettel; wo zu ihrer Beschamung alles mit meinen Halten, soviel es bei Stuffen Proben seyn kann: übereinkam. Letztlich endlich da einige Gewerken auf die Erfüllung der Commisissionalisch. Vorschlägen drangen liesse der Schichtmeister und Steiger schon seit meiner Abwesenheit zu abermahliger Einschläferung der Gewerken, und Verschönerung ihrer unvernünftigen Wiederspenstigkeit, das Werk durch einen alten eben unwissenden Steiger, welcher auch schon eine Gewerkschaft zu grund gerichtet abermahl untersuchen: welcher alles, was ihm der Suckenthaler Steiger einredete, anriethe und denselben noch besonders lobte. Diesen Bericht schickte der Schichtmeister letztlich, mit deme an das Amt; das die Gewerkschaft nach der Meinung dieses Steigers bauen werde.

„welcher auch schon eine Gewerkschaft zu grund gerichtet“: Eine gute alte Tradition im Suggental, die bis heute hochgehalten wird.

Hieraus ist die gute Wahl zu ersehen, welche die Gewerkschaft zwischen der Untersuchung eines verpflichteten Beamtens, und eines so unwissenden Kuxkränzlers zu treffen weisst; die durch all dieses Benehmen gegen eine K: K: Komission gezeigte Frechheit aber, überlasse höherer Orten gnädig zu beurtheilen.

Dieser Gewerkschaft wird bei so verbleibenden Umständen, und ohne hin weit, und zweifelhaften Aussichten des Werks hart zu helffen seyn; und es ist zu förchten, dass selbe zu Grund gehen werde: dann mit dem Unterbau ist gewiss keine Hoffnung, und mit dem Stolln Nro. 4 kann es /: wann auch dieser gelf Kupfer gang noch so edel an Kupfer ist :/ erstlich wegen der noch langen Strecke bis unter einiges Gebürg so bald nichts ergiebiges abgeben, und 2tens zweifel ich ob ein blosser Kupfer Bau im Vorderöstreich Konto tourniren kann.

"...immer fortfährt die Gewerken zu betrügen; und kaum zu einem Hundstossen taugt. Er kann nicht lesen, nicht schreiben, nicht rechnen und kennt kaum den Kompas."

Die Erhebung des Stollns Nro. 2: braucht auch noch lange zeit, und wird allen ansehen nach auch ziemlich viel kosten, wann demnach nicht mit sehr guter Würthschaft, und Beyseitigung aller überflüssigen Ausgaben zu Werk gegangen wird; so erdauert es unter diesen Gewerken niemand. Mit dem Steiger, welcher auf mein letztliches gewiss dringliches Zureden nicht in sich ging und immer unter dem Schutz des mit verstandenen Schichtmeisters fortfährt die Gewerken zu betrügen; wird nichts gutes ausgerichtet werden; umso mehr als er auch gar nichts verstehen und kaum zu einem Hundstossen taugt. Er kann nicht lesen, nicht schreiben, nicht rechnen und kennt kaum den Kompas.

„kaum zu einem Hundstossen taugt“: Ein Hundstoßer (Schieber eines Hundes, eines mit Spurnagel geführten Wagens untertage) bekleidet übertragen den alleruntersten Rang untertage am Anfang einer damaligen Bergmannskarriere. Verniers Aussage stellt daher eine kräftige Beleidigung dar.

Das Nicht-Lesen-und-Schreiben-können und etwas weniger das mit dem Kompaß hätte ich vielleicht hingenommen, aber für den „Hundstößer“ hätte ich ihn zum Duell gefordert.

Vernier resigniert zu guter Letzt.

Nur einige Gewerken sind zu bedauern; welche die Sache einsehen, und überstimmte Opfer seyn müssen. Wie aus einem Schreiben von 6: Deputirten dieser Gewerkschaft gnädig zu ersehen ist, und welchen ich vermög meinen Befund; und der Billigkeit nach verpflichten, und ich im überigen mich lediglich auf meine im letzten Abschnitt des 1. Theils gehorsamst vorgeschlagenen ernstliche Mittel berufen muss. Diese Gewerkschaft braucht es vor allen.