Das Annasiegel

Das Siegel der bereits wenige Jahre später an Mißwirtschaft zugrunde gegangenen Gewerkschaft Anna, die die Bergwerke des Suggentals betrieb, hier auf einem Verzeichnis der Gewerken von 1784.

GLA Karlsruhe, Sig. 229 Nr. 103116, alle Rechte beim GLA Karlsruhe, mit frndl. Erlaubnis des GLA
Annasiegel Bergwerk Suggental

Aufschrift und bildhafte Darstellung

Annasiegel, kontrastgesteigert
Kontrastgesteigertes Annasiegel Bergwerk Suggental

Im Siegel dargestellt ist ist die Heilige Anna, wohl mit der jungen Maria und ihrem Enkel, dem Jesuskind. Darunter ein Bergmann mit Geleucht (Frosch), oder vielleicht einen Erzkübel zu Tage bringend, weiterhin symbolische Silbererzstufen im Berg. Weiteres kann selbst auf der kontrastgesteigerten Abbildung rechts allenfalls erahnt werden und bleibt der Phantasie des Betrachters überlassen. Möglicherweise kann links ein weiteres Stollenmundloch und rechts ein kleines Seitental erahnt werden.

 

Der Text lautet "Anna Bergwergk in Suckenthal" bzw. "Anna Bergwerck in Suckenthal".

Die Gewerkschaft Anna

Nachdem der aus dem fürstenbergischen stammende Steiger Joseph Ortlieb am 27.7.1776 die bergrichterliche Erlaubnis zur Aufnahme des Bergbaus im Suggental erhielt, begann er, eine Grubengewerkschaft zusammenzubringen. Diese Gewerkschaft nahm nach dem Einstieg des späteren Schichtmeisters, Sebastian Dietz aus Kollnau, Fahrt auf, da dieser wohl im Gegensatz zu Ortlieb lesen und schreiben konnte. Diese Gewerkschaft führte das hier dargestellte Siegel, das auf einem von obigem Bergverwalter Dietz aufgestellten Verzeichnis der Gewerken von 1784 erhalten blieb. Ein frühestes Datum der Verwendung dieses Siegels kann nur schwerlich genannt werden. Daneben blieb ein weiteres, textlich vollständigeres Gewerkenverzeichnis von 1787 erhalten, das zu späterer Zeit hier ebenfalls eingestellt werden wird.

Allgemeines Umfeld

Diese zur weiteren Ausbeutung der Erzvorkommen des Silberbergwerks Suggental gegründete Gewerkschaft Anna stellt ein gutes Beispiel für die damals nicht nur im Schwarzwald grassierende Kuxkränzelei dar, also für die mehr oder weniger betrügerische Spekulation mit Bergwerksanteilsscheinen. Diese Kuxkränzelei wurde zweifellos einerseits durch eine Art Silberrausch privater Kuxbesitzer (Anteilseigner) bedingt, andererseits aber auch durch den Merkantilismus der jeweiligen Landesherrn, denen auch unrentable bzw. zweifelhafte Bergwerksaktivitäten förderungswürdig erschienen, solange sie denn innerhalb der eigenen Landesgrenzen stattfanden.

Kuxkränzeln hin ... (oder: Wir treiben den Kuxpreis hoch.)

Immerhin muß zugegeben werden, daß unter der Ägide der Gewerkschaft im Gegensatz zu anderen tatsächlich Arbeiten untertage ausgeführt wurden, wenngleich der leitende Steiger Ortlieb die diversen Bauten durchaus primär zur Füllung seines eigenen Geldbeutels aufführte.

Vielerorts hielt man sich nämlich gar nicht erst mit der Errichtung neuer Grubenbauten auf, sondern beschränkte sich gleich auf das fröhliche Schachern mit Kuxen. Dies ist einer der Hauptgründe, warum nur wenige schwarzwälder Bergwerke dieser Zeit einigermaßen stetig geführt wurden, da der Schwarzwald mit seinen generell sprunghaften Erzanbrüchen eine solide Bewahrung nötiger Reserven für unzweifelhaft kommende magere Abbaujahre verlangt. Im Umfeld grassierender Kuxkränzelei mit sofortiger Ausschüttung eventueller Ausbeute zur Kuxwertsteigerung konnten auch in Zeiten reicher Anbrüche nur wenige Reserven angelegt werden.

So wurden reihenweise auch an sich möglicherweise durchaus rentable Bergwerke zu Grunde gerichtet, da eben für die besonders in mageren Jahren nötige Vorrichtung neuer Grubenbauten das nötige Geld fehlte. Der sich öfters herausbildende, gern innerhalb weniger Jahre durchlaufene Zyklus Gewerkschaftsgründung - Kuxkränzelei - rasche Ausbeutung - Reservenmangel - Raubbau - Schließung - neue Gewerkschaftsgründung - neue Kuxkränzelei usw. erledigte dann den Rest.

... und Kuxkränzeln her (oder: Wir kassieren Zubußen.)

Im Gegensatz zu heute geläufigen Aktien beinhaltet eine Kux nicht nur einen Anspruch auf anteilige Gewinnausschüttung, sondern auch eine anteilsmäßige Pflicht zur Deckung anfallender Verluste, der sogenannten Zubuße. Kuxe, deren anfallende Zubuße nicht bezahlt wurde, verfielen. Damit ergab sich eine weitere beliebte Art der Kuxkränzelei: Wenn ein Bergwerk trotz regelmäßer Versprechungen auf baldige reiche Ausbeute stetig in der Verlustzone geführt wurde, konnten führende Gewerken oder andere in einer Schlüsselposition befindliche Personen durchaus Gewinne erzielen, wenn sie nur genug an den sonstigen Bauten, Baumaterialien usw. usf. verdienten.

Da damals wie heute immer gern gutes Geld schlechtem hinterhergeworfen wurde, konnten so andere Gewerken mit der steten Hoffnung auf Verlustausgleich nach Strich und Faden ausgenommen werden. Das Bergwerk Suggental fiel in diese Kategorie, und es mag ein Lehrstück der damaligen Zeit darstellen, wie gut der Steiger Ortlieb (und wohl nicht er allein!) so einige mehr oder weniger reiche Bürger bei der Stange hielt, bis die Gewerkschaft Anna finanziell völlig ausblutete und er, wie es so schön heißt, mit unbekanntem Ziel verzog.

"... und wann sich eine Gewerkschaft wissentlich will betrügen lassen, so kann ihr niemand helfen."

Daran konnten auch zwei österreichische Bergbeamte,die Herren Vernier und Carato, wenig ändern, die 1781 respektive 1786 das Bergwerk im Auftrag der vorderöstereichischen Regierung besuchten. Zur weiteren gefälligen Lektüre über die Zustände im Silberbergwerk Suggental wird auf die hier online verfügbaren Berichte hingewiesen: Bericht Vernier von 1781 und Bericht Carato, 1786.

Anmerkung: Das Silberbergwerk Suggental scheint neuerdings wieder unter der späteren Mutung des frühen 20. Jhdts. "Grube Erich" zu firmieren.

Zur Literatur: Literaturhinweise, insbesondere Metz 1961